Lehrer: Neugebauers selbstbewusste Erben

Verhandlungsrunde zum Lehrerdienstrecht
Verhandlungsrunde zum Lehrerdienstrecht(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Betonierer wollen die Lehrergewerkschafter nicht sein, Hardliner sind unter ihnen allemal. Eckehard Quin gehört ebenso dazu wie Jürgen Rainer. Chefverhandler Paul Kimberger kämpft indes mit seiner Doppelrolle.

Wien. Paul Kimberger steckt in einer diffizilen Doppelrolle: Der Gewerkschafter ist nämlich nicht nur das Sprachrohr der Lehrer bei den Verhandlungen zum neuen Dienstrecht, sondern sitzt für die ÖVP auch bei den laufenden Koalitionsverhandlungen mit am Tisch. Er ist also gleichzeitig einer der Gegner der Regierung und ein Teil derselben – und seine Doppelrolle wohl ein Indiz dafür, wie nahe sich die Spitzen der Lehrergewerkschaft und die ÖVP stehen. Diesmal hat es den Lehrern aber nichts genutzt. SPÖ und ÖVP sind nach 35 Runden vom Verhandlungstisch aufgestanden und haben das neue Dienstrecht gestern, Dienstag, im Alleingang im Ministerrat beschlossen.

Nun werden die Lehrer ihre Macht abseits der Sitzungssäle demonstrieren. Heute, Mittwoch, wird die Bundeskonferenz der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) tagen und über Kampfmaßnahmen – wohl im Sinne der Lehrer – abstimmen (siehe Artikel rechts). Denn die Lehrergewerkschafter sind nicht nur zahlenmäßig eine Größe in der gut 230.000 Mitglieder zählenden GÖD, der einzigen Teilgewerkschaft im ÖGB, in dem die Christgewerkschafter, wie auch bei den Lehrern, das Sagen haben. So selbstbewusst wie die Lehrervertreter gegenüber der Regierung auftreten, geben sie sich auch GÖD-intern.

Doch so vehement sie ihren Widerstand gegen das neue Dienstrecht auch artikulieren, ganz so einig, wie sie sich nach außen hin geben, sind die Lehrervertreter nicht. Denn geht es etwa um den angedrohten Lehrerstreik, scheiden sich die Geister. Chefverhandler Kimberger tritt in diesem Punkt leiser. Nicht nur, weil er von sich selbst behauptet, „kein Blockierer, sondern ein Pragmatiker“ zu sein. Sondern auch, weil der Oberösterreicher die rund 71.000 Pflichtschullehrer vertritt – jene Lehrergruppe, die am meisten vom neuen Dienstrecht profitiert. Pflichtschullehrer müssen kaum mehr unterrichten, bekommen aber deutlich mehr bezahlt. Außerdem hätte der 46-Jährige bei einer Niederlegung der Arbeit wohl die größte Erklärungsnot gegenüber den Eltern.

(c) DiePresse

AHS-Gewerkschaft gilt als dominant

Anders Eckehard Quin. Der Niederösterreicher ist dafür bekannt, dass er die Interessen der Pädagogen an allgemein bildenden höheren Schulen (AHS) beinhart vertritt. Seit Tagen mobilisiert die AHS-Gewerkschaft ihre Lehrer und trommelt, „alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel“ zu ergreifen, um das neue Dienstrecht zu verhindern. Quin ist nicht der hemdsärmelige Typus des Gewerkschafters, sondern der intellektuelle Kopf, der sein Gegenüber mit stichhaltigen Argumenten an die Wand spielen will. Und das schafft er wie es scheint auch oft. Denn die AHS-Gewerkschaft gilt als dominant, und zwar obwohl sie mit rund 21.900 AHS-Lehrern vergleichsweise klein ist. Kampfbereit zeigt sich auch der Steirer Jürgen Rainer. Er vertritt die rund 22.800 Lehrer an berufsbildenden höheren und mittleren Schulen (BMHS). Auch dort werden durch die Anhebung der Unterrichtszeit erhebliche Verschlechterungen befürchtet. Für den als Hardliner bekannten Gewerkschafter, der 2009 sogar eine Arbeitszeitverkürzung gefordert hat, ist das quasi eine direkte Aufforderung zum Streik.

Kimberger, Quin und Rainer waren auch die wesentlichen Player in den Dienstrechtsverhandlungen. Denn die Lehrervertreter der Berrufsschulen sowie der land- und forstwirtschaftlichen Schulen hatten aufgrund ihrer Größe eher weniger mitzureden. Doch eines ist anzunehmen: Ohne Rücksprache mit und Rückendeckung von Beamtenboss Fritz Neugebauer ist bei den Verhandlungen wohl nur sehr wenig passiert. Nicht umsonst hat sich Neugebauer immer dann öffentlich zu Wort gemeldet, wenn es haarig wurde. So etwa am vergangenen Wochenende, als er es als „nicht gescheit“ bezeichnete, dass die Regierung auf seiten der Lehrergewerkschaft Überlegungen für einen Streik auslöse.

Übrigens: So sehr sich die Lehrergewerkschafter in der breiten Öffentlichkeit auch durch die jahrelangen Verhandlungen unbeliebt gemacht haben, damit erhöhen einige von ihnen ihre Chancen, Neugebauer an der Spitze der Beamtengewerkschaft nachzufolgen. Die besten Karten dürfte bislang Kimberger haben. Ähnlich gute Verbindungen zur ÖVP hat er ja schon.

AUF EINEN BLICK

Die Regierung hat das neue Lehrerdienstrecht gestern, Dienstag, gegen den Willen der Gewerkschaft beschlossen. Nun wird sich das Parlament damit beschäftigen. Große Änderungen soll es dabei aber nicht mehr geben. Die Lehrer werden künftig höhere Einstiegsgehälter bei einer flacheren Gehaltskurve erhalten. Außerdem sollen sie mehr unterrichten – nämlich 24 Stunden pro Woche. Bislang lag die Unterrichtsverpflichtung für AHS- und BHS-Lehrer bei 17 bis 22 Stunden. Hier könnte es noch ein Entgegenkommen geben. Die Unterrichtszeit von AHS- und BHS-Lehrern mit Schularbeitsfächern könnte auf 22 Stunden pro Woche beschränkt werden. Die Regierung rechnet mit einem Beschluss noch heuer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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