Schulpolitik: IV macht Druck auf Koalition

(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Die Industriellenvereinigung schlägt vor, dass Experten anstelle von SPÖ und ÖVP über Bildungsreformen entscheiden sollen.

Wien. Dass SPÖ und ÖVP bis zum anvisierten Abschlusstermin der Koalitionsgespräche im Dezember zu einer Einigung bei der Gesamtschule kommen, wird immer unwahrscheinlicher. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, nimmt das im „Presse“-Gespräch zum Anlass, eine Art „Mindestkonsens“ vorzuschlagen: Sollte die Regierung in der Schulpolitik keinen gemeinsamen Weg finden, so rät Neumayer, eine Arbeitsgruppe einzusetzen.

Aufgabe der Gruppe sollte es sein, sachliche Lösungen für ideologisch umkämpfte Bildungsthemen zu finden. Innerhalb eines vorgegebenen Zeitkorsetts sollte die Gruppe Entscheidungen – etwa in Hinblick auf Gesamtschule, Ganztagsschule oder ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr – treffen. Der Vorteil: „Eine derartige Arbeitsgruppe agiert nach sachlichen Kriterien und ignoriert die gesellschaftlichen Realitäten nicht“, so Neumayers Seitenhieb auf die Koalitionsparteien.

Zusammensetzen sollte sich eine derartige Gruppe aus Wissenschaftlern, Lehrenden an Unis und PH, Lehrern, Elementarpädagogen sowie aus Schülern und Studenten. Auch die Lehrergewerkschaft könnte ein Wörtchen mitreden, führt Neumayer aus. Allein: „Es kann nicht sein, dass Gewerkschafter innerhalb dieser Arbeitsgruppe eine Dominanz ausüben, die ihnen nicht zusteht.“

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, bleiben gute Ratschläge von Experten in Österreich aber oft ungehört. „Deshalb bräuchte es von Anfang an ein Commitment der Regierung, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe auch umzusetzen.“ Neumayer hält es für nicht unwahrscheinlich, dass sich SPÖ und ÖVP auf seinen Vorschlag einlassen: „Sie müssten das Szepter ja nicht wirklich aus der Hand geben. Sowohl SPÖ als auch ÖVP sollten Experten für die Gruppe nominieren können.“ Ob die IV von der ihr nahestehenden ÖVP nominiert würde, ist aber fraglich. Denn, wie Neumayer gesteht: „Es gibt natürlich Themen im Bildungsbereich, bei denen wir der Sozialdemokratie näherstehen.“ Die Beispiele sind zahlreich: So spricht sich die IV etwa für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und den Ausbau von verschränkten Ganztagsschulen – ganztägige Schulen, in denen sich Unterricht und Freizeit abwechseln – aus.

Auch zu einem weiteren noch umstrittenen Punkt äußert sich der IV-Generalsekretär – und zwar zu der in Diskussion befindlichen Zusammenlegung von Wirtschafts- und Wissenschaftsressort. „Ich sage das ganz offen: Ich sehe das zurückhaltend. Wir sehen an internationalen Beispielen, dass eine Zusammenlegung nicht immer gut sein muss“, sagt Neumayer. (j.n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.