Lehrer-Versammlungen: Wie kann es weitergehen?

DIENSTSTELLENVERSAMMLUNG DER AHS- UND BMHS-LEHRER
DIENSTSTELLENVERSAMMLUNG DER AHS- UND BMHS-LEHRER(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Lehrer diskutieren heute, welche Protestmaßnahmen folgen können. Und kritisieren, dass die Qualität durch das neue Dienstrecht leiden wird.

Heute haben Lehrer an höheren Schulen begonnen, sich gegen die geplante Reform des Lehrerdienstrecht zu wehren. Sie hielten Dienststellenversammlungen während der Unterrichtszeit ab, damit entfielen vielerorts zwei Schulstunden. Die Schüler blieben in dieser Zeit den Schulen fern oder wurden beaufsichtigt, wenn ihre Eltern das verlangt haben.

Protest: "Falscher" Unterricht statt Streik

Bei den Versammlungen wurde vor allem Kritik am neuen Dienstrecht geübt, das am 17. Dezember im Parlament beschlossen werden soll. Es wurde aber auch vielerorts darüber diskutiert, wie ein weiterer Protest verlaufen kann. Abseits von Streiks stünde den Gewerkschaftern ein "kreatives, breites Betätigungsfeld" zur Verfügung, um den Protest auszudrücken, sagte Matthias Hofer, Sprecher der AHS-Gewerkschaft dem Standard.at.

Eine denkbare Maßnahme wäre etwa, "fachfremden Unterricht" abzuhalten. "Einer unserer wesentlichen Kritikpunkt am neuen Lehrerdienstrecht lautet, dass fachfremde Unterrichtspersonen künftig für den Unterricht eingesetzt werden sollen, obwohl sie nicht geprüft sind." Auf die Frage, ob angedacht sei, dass etwa ein Geschichtelehrer über einen längeren Zeitraum den Mathematikunterricht bestreitet, sagte Hofer: "Das wäre eine von vielen Möglichkeiten."

"Der Zug ist unterwegs"

Der Vorsitzende der BMHS-Gewerkschaft, Jürgen Rainer, setzt außerdem auf Gespräche mit Nationalrats-Abgeordneten. "Es hängt jetzt nicht mehr von uns ab, wie die Bereitschaft vonseiten der Regierung ist, auf unsere Änderungswünsche einzugehen", so Rainer. "Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass der Zug unterwegs ist."

Er hoffe nun, dass man "in die Kollegenschaft hineinhört und das Bestmögliche aus der Situation macht", meinte Rainer. "Wir hätten weiter gerne eine Arbeitszeitstudie. Und die Belastungen in den Oberstufen ist in dieser Form sicher nicht akzeptabel." Er vertraue nun auf die Vernunft der Abgeordneten in den nächsten Wochen: "Wir haben unsere Pflicht als Standesvertreter getan."

Was an den Schulen weiter geschehe, könne er zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen, meinte Rainer. "Ich warte jetzt noch auf das Feedback der Kollegen vor Ort. Und ich brauche auch Feedback aus der Politik." Was dann passiere, entscheide er auch nicht alleine: "Ich brauche Beschlüsse."

Das Gesetz geht unterdessen seinen parlamentarischen Weg: Am 12. Dezember steht im Verfassungsausschuss des Nationalrats ein Expertenhearing auf dem Programm. Es ist allerdings nicht öffentlich - und Initiator Walter Rosenkranz, Bildungssprecher der FPÖ, bezeichnet es als "Feigenblatt". Er nimmt an, dass die Regierung das Gesetz ohnehin "durchpeitscht" und es wenig Hoffnung auf Änderungen gibt.

HTL fürchtet um die besten Lehrer

Die Lehrer der HTL Mödling haben am Donnerstag der Regierung wegen des neuen Lehrerdienstrechts "die Krampusrute ins Fenster gestellt", wie der Dienststellen-Ausschussvorsitzende Karlheinz Berger es nannte. Die Reform gefährde den Erfolg der HTL, da man damit keine Lehrer mehr finden würde, warnte er. Eltern- und Schülervertreter unterstützen den Protest.

"Wir würden die Besten der Besten, wie sie hier heute sitzen, nicht mehr bekommen", so Berger. Zwar betonte er, dass es sich nur um eine Informationsveranstaltung handle. Gleichzeitig machte er aber klar, dass weitere Maßnahmen bis hin zum Streik möglich wären - auch nach dem geplanten Beschluss im Nationalrat in knapp zwei Wochen. "Das Ende der Fahnenstange ist am 17. Dezember sicher nicht erreicht."

Wie soll man nebenbei den Master machen?

Das neue Dienstrecht bringe bis zu 28 Prozent mehr Arbeit und eine durchschnittlich um zwanzig Prozent geringere Lebensverdienstsumme, sagt Christgewerkschafter Dieter Reichenauer. Für belustigte bis empörte Reaktionen sorgten Reichenauers Ausführungen zum künftigen Berufseinstieg: Es sei der Gewerkschaft "völlig schleierhaft", wie ein Bachelorabsolvent neben einer vollen Lehrverpflichtung innerhalb von fünf Jahren seinen Master machen soll. Dass Lehrer sich drei Semester fortbilden sollen, um für 90 Euro als Mentor Junglehrer in den Beruf einzuführen, nannte er realitätsfremd.

Schülervertreterin Mariella Gruber stellte sich ebenso wie Elternvertreterin Chris-Maria Baumer und Theodor Saverschel vom Bundeselternverband hinter die Lehrer. Eine Reform dürfe nicht dazu führen, dass die Qualität leide, begründete Gruber.

Direktor HTL Mödling: Wer soll PC warten?

Auch Harald Hrdlicka, Leiter der mit 3500 Schülern und 400 Lehrern größten Schule Österreichs, betonte den Einsatz seiner Lehrer über den Unterricht hinaus. Er fürchtet um die Administrierbarkeit des "riesigen Industriebetriebs" HTL Mödling. "Die Kustodiate sind mit dem neuen Dienstrecht praktisch weg, das tut mir am meisten weh", sagte er am Rande der Veranstaltung. Immerhin müssten allein 2000 PC und 200 Werkstätten gewartet werden.

Saverschel warnte vor einem drohenden Qualitätsverlust durch die Lehrerdienstrechtsreform: "Es geht hier nicht um einen Berufsstand, sondern um ein Downgrading der Schulqualität." Wenn Lehrer mehr Stunden als bisher unterrichten, müsse sich jeder einzelne um eine größere Zahl von Schülern kümmern. Es ärgere ihn, dass die Regierung "diesen Schmarrn" als "mehr Zeit für die Kinder" verkaufe.

Zum Schweißen einen Master

Besonders gefährlich für den BMHS-Bereich sei zudem, dass Quereinsteiger in den fachpraktischen Bereich künftig ein vierjähriges Bachelorstudium vorweisen müssen. Auch Baumer kritisierte, "wieso jemand, der Schülern das Schweißen beibringt, einen Master haben soll". Umgekehrt ist den Eltern und der Gewerkschaft in einem anderen Bereich die Ausbildung zu kurz: So könnten etwa Bachelor-Absolventen von der PH ab dem geplanten Inkrafttreten des Dienstrechts 2014/15 auch an Oberstufen mit nur drei Jahren Ausbildung unterrichten. In Kombination mit der aus dem geltenden Dienstrecht übernommenen Bestimmung, dass Lehrer vorübergehend auch fachfremde Gegenstände unterrichten können, sei das nicht zu verantworten.

(Red./APA)

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