In 30 Abstimmungen zum Dienstrecht

ERSTER NATIONALRAT DER NEUEN BUNDESREGIERUNG: REGIERUNGSERKL�RUNG BK FAYMANN
ERSTER NATIONALRAT DER NEUEN BUNDESREGIERUNG: REGIERUNGSERKL�RUNG BK FAYMANN(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Das Lehrerdienstrecht wurde gestern Abend im Nationalrat abgesegnet. So mancher ÖVP-Abgeordnete blieb der Abstimmung fern.

Wien. Es war dann doch ein Urnengang der besonderen Art: Jeder einzelnen der 183 Nationalratsabgeordneten war gestern Abend dazu aufgerufen, namentlich über das neue Lehrerdienstrecht abzustimmen. „Nehmen sie den grauen Zettel, um mit Ja zu stimmen. Und den rosa Zettel, um mit Nein zu stimmen“, erklärt Karlheinz Kopf, der zweite Nationalratspräsident.

Es setzte reges Treiben im Plenarsaal ein. Die Opposition machte sich mehrheitlich mit rosa Zettel am Weg zu der vor dem Rednerpult abgestellten Holzurne, die Mandatare von SPÖ und ÖVP großteils mit grauen. Das Ergebnis: 93 Stimmen für und 76 gegen das neue Dienstrecht. Die restlichen 14 Abgeordneten haben sich der Stimme enthalten.

Was unter dem Strich nach einem klaren Ergebnis aussieht, war aber im Nationalrat keineswegs unumstritten. Der Widerstand der Oppositionsparteien war groß. FPÖ, Grüne, das Team Stronach und die Neos beantragten – teilweise sogar gemeinsam – zahlreiche Abänderungsanträge. Insgesamt musste 30 Mal abgestimmt werden, bis das Lehrerdienstrecht endgültig unter Dach und Fach war. Dabei war das neue Dienstrecht auch in den Regierungsparteien selbst nicht unumstritten. Und das, obwohl der Klubzwang in diesen Parteien zum guten Ton gehört.

E-Mails zeigten keine Wirkung

Und so blieben einige Abgeordnete der Abstimmung ganz einfach fern. So ist es auch zu erklären, dass es nur 93 Ja-Stimmen gibt, obwohl SPÖ und ÖVP gemeinsam 99 Abgeordnete haben. In den Reihen der ÖVP tat das etwa Gabriele Tamandl. Sie hat schon im Vorfeld angekündigt, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Das Fehlen so manch anderer ÖVP-Mandatare war hingehen eine Überraschung. Die steirischen ÖVP-Abgeordneten verließen schon vor der Abstimmung über das Ministeriumsgesetz verärgert den Saal. Und sie kamen auch nicht wieder.

Dennoch: Die Lehrer sind mit diesem Votum geschlagen. Ihr Widerstand gegen das neue Dienstrecht hat nicht geholfen. Weder die Warnungen der obersten Lehrergewerkschafter noch die angedrohten Streiks haben das Vorhaben der Regierung zum Scheitern gebracht. Und auch die tausenden E-Mail, die die Lehrer an Abgeordnete geschickt haben, scheinen kaum jemanden überzeugt zu haben. Die Gewerkschaft wird jedenfalls weiter kämpfen – und zwar schon heute, Mittwoch. Gemeinsam mit anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehen sie heute auf die Straße. In Wien ist ab 14.30 Uhr eine Großdemonstration samt Kundgebung am Ballhausplatz geplant.

Die Eltern sollen die Proteste vorerst aber noch nicht zu spüren bekommen. Die Gewerkschaft hielt im Vorfeld in einem Rundschreiben zwar fest, dass die Teilnahme an der Demonstration „ein Menschenrecht“ sei, will zugleich den Schulbetrieb aber sicherstellen.

„Unsolidarische Lehrer“, wie es die Gewerkschaft mit einem Seitenhieb formuliert, sollen an den Schulen für ihre protestierenden Kollegen einspringen und so „die pädagogische Betreuung“ sicherstellen. Auch Schularbeiten, Tests und Prüfungen sollen stattfinden. Es handle sich nicht um einen Streiktag, an dem der Unterricht entfalle und die Schulen geschlossen bleiben, betont die AHS-Gewerkschaft.

Abstimmung offen legen

Politischen Druck wollen die Lehrervertreter nach dem Beschluss dieses Gesetzes auf ganz andere Art aufbauen. Wie AHS-Gewerkschafter Eckehard Quin bereits angekündigte, wird die Gewerkschaft allen Lehrern mitteilen, welche Mandatare für und welche gegen das neue Dienstrecht gestimmt haben. Chefverhandler Paul Kimberger sagte im Gespräch mit der „Presse“, dass er immer noch auf Änderungen des Gesetzes hofft. Denn die Unzufriedenheit sei auch unter den SPÖ- und ÖVP-Mandataren groß.

Zahlreiche Abgeordnete hätten ihm hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass sie nicht der Meinung der Regierung seien – und hätten sich dann womöglich doch an den Klubzwang gehalten. Man werde sich das nun genauer ansehen. Denn: Die heutige Demonstration sei der nächste Schritt - „aber nicht zwangsläufig der letzte“.

Wie die Regierung jetzt noch nachbessern könnte, um die Gewerkschaft zufrieden zu stellen, ist unklar. Erst vor einer Woche gab es Adaptierungen – darin wurde etwa festgelegt, dass Lehrer in höheren Schulen mit Schularbeitsfächern nicht wie geplant 24 Stunden pro Woche unterrichten müssen, sondern nur 22 Stunden.
Die Gewerkschaft ließ das unbeeindruckt. Sie stößt sich nach wie vor an zentralen Eckpunkten (siehe Faktenkasten). Dazu zählen die Arbeitszeit und die Bezahlung.

(APA)

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