Experte sieht Lehrerauswahl durch Direktoren kritisch

(c) Clemens Fabry
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Der langjähriger Schullegist Jonak sagt, es gebe schon viele Möglichkeiten der Einflussnahme, nur seien sie gesetzlich nicht geregelt.

Für Felix Jonak, über fast 35 Jahre hinweg im Unterrichtsministerium an der Schulgesetzgebung beteiligt, lässt sich in Österreich beim Ausbau der Schulautonomie "nicht mehr viel machen". Die in diesem Zusammenhang politisch oft erhobene Forderung, Schulleitern mehr Mitsprache bei der Lehrerauswahl zu geben, sieht der laut Selbstdefinition "begeisterte Anhänger der Schulautonomie" kritisch.

"Nachdem ich ursprünglich einmal sehr für dieses Modell war, bin ich mittlerweile der Meinung, dass das sehr schwer umzusetzen ist", erklärt Jonak, der heute, Mittwoch, bei einem Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Schule und Recht (ÖGSR) einen Vortrag über die Entwicklung der Schulautonomie hält. "Die Auswahl durch den Schulleiter alleine wäre sicherlich ein Problem. Wieso soll nur er entscheiden und nicht auch Schüler, Eltern und Lehrer mitreden können? Was sind die Kriterien?", so Jonak (77).

"Markt funktioniert nicht wie in der Wirtschaft"

Weiteres Problem: "Der Markt funktioniert nicht wie in der Wirtschaft. Es bedarf der Bestellung durch die Behörde." Sonst drohe die Gefahr, dass die besten Lehrer nur noch in die Zentralräume gehen. Schließlich hätten Schulleiter nicht die Möglichkeit, sie etwa mit mehr Geld in die Peripherie zu locken.

Mitspracherechte bei der Lehrerauswahl hätten die Schulleiter ohnehin jetzt auch schon und würden diese auch nutzen, betont Jonak. So würden etwa erfolgsversprechende Unterrichtspraktikanten von ihnen aufgefordert werden, sich konkret auf eine ausgeschriebene Stelle zu bewerben. Zusätzlich habe auch die Personalvertretung die Möglichkeit, Wünsche zu äußern. "Viele Dinge sind ja schon da, nur nicht gesetzlich geregelt", sagt Jonak.

System zur Qualitätssicherung

Mit der Beurteilung der Unterrichtspraktikanten sollte es eigentlich auch schon ein System zur Qualitätssicherung geben. Dieses sei allerdings dadurch ad absurdum geführt worden, dass alle Unterrichtspraktikanten mit "Ausgezeichnet" beurteilt wurden, ärgert sich Jonak. "Wenn alle bestens qualifiziert sind, wird man eben irgendwo hingeschickt."

Insgesamt sieht Jonak "nicht mehr viel Luft" beim Ausbau der Schulautonomie, auch wenn diese laut OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" im internationalen Vergleich relativ gering ausgeprägt ist. Demnach wird in Österreich nur ein Drittel der Entscheidungen auf Schulebene getroffen. Jonak ortet hier allerdings Unterschiede zwischen Bürokratie und Praxis.

Die Entwicklung der Autonomie

Das erste Gesetz im Rahmen der Schulautonomie in Österreich stammt aus dem Jahr 1974, wie Jonak in seinem Vortrag laut vorliegendem Manuskript schildern wird: Damals wurde die Entscheidung, welche Mitwirkungsrechte Schüler haben sollen, in die Hände der neu eingerichteten "Schulpartnerschaft" (Schüler, Eltern Lehrer) gelegt. Damit sollten die "seinerzeitigen hitzigen Diskussionen" zu dieser Frage entkrampft und in Ruhe eine generelle Regelung vorbereitet werden.

Die wohl umfassendsten Neuerungen brachte die Novelle des Schulorganisationsgesetzes 1993, seit der das Wort Schulautonomie auch explizit im Gesetz steht: Schulen haben seither mehr Freiheiten bei den Lehrplänen (Zahl der Wochenstunden pro Unterrichtsfach, Art der Oberstufenform bei Gymnasien, Einführung schulautonomer Pflichtgegenstände etc.).

Seit damals ist auch für Schulversuche eine Zustimmung von zwei Drittel der Schulpartner nötig. Anlass dafür war der Streit um die Einführung verschränkter Ganztagsschulen mit Wechsel aus Unterricht, Lern- und Freizeit. "Auch die sozialdemokratischen Bildungspolitiker haben damals gesagt, man will die Eltern nicht in etwas hineinzwingen und ihnen ein entsprechendes Wahlrecht geben", erinnert sich Jonak. Später folgten noch Reformen wie u.a. die Einführung der fünf schulautonomen Tage, die Möglichkeit von Wiederholungsprüfungen am Ende der Ferien oder das Ende des Werbeverbots an Schulen.

Lehrplan-Autonomie

Jonak sieht gerade die Lehrplan-Autonomie als Möglichkeit, so manches Problem zu lösen: "Wenn es an einer Schule viele Kinder nicht-deutscher Muttersprache gibt, muss ich neben der muttersprachlichen Förderung auch mehr Deutschstunden anbieten. An einer anderen Schule brauche ich das nicht und kann andere Angebote machen. Wenn man gut Schulautonomie betreibt, ist es für alle günstiger."

(APA)

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