Bildungsinstitut: Von einer Panne zur nächsten

Wiesner, Netzer
Wiesner, Netzer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Egal, ob zurückgehaltene Studien oder politisch motivierte Kündigungen: Das Bundesinstitut für Bildungsforschung BIFIE bot in den vergangenen Jahren immer wieder Anlass zu Kritik.

Wien. Die Geschichte des BIFIE ist eine Geschichte der Pannen, der internen Streitereien – und nicht zuletzt der Skandale. Tatsächlich bezeichneten Kritiker schon die Gründung des Instituts als bloße „politische Umfärbeaktion“ einer bestehenden, nahezu namensgleichen Institution: Im Jahr 2008 ersetzte die damalige Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des Bildungswesens durch das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens – das heutige BIFIE.

Der Aufstieg des BIFIE ist eng verbunden mit den immer neuen, zentral organisierten Tests, die in den vergangenen Jahren in den Schulen Einzug hielten. Vom PISA-Test über die Bildungsstandards bis hin zur geplanten Zentralmatura – kaum ein schulpolitisches Projekt wurde in Österreich zuletzt ohne Beteiligung des BIFIE gestartet. Meist war das Institut sogar federführend an der Ausarbeitung der Reformen beteiligt.

Der große Einfluss des BIFIE hängt dabei an der Person Claudia Schmied, die als Unterrichtsministerin die größte Fürsprecherin des Instituts war. Einer der damaligen Leiter, Günter Haider, der vielen als der österreichische „Mr. PISA“ ein Begriff ist, galt lange Zeit als enger Vertrauter der SPÖ-Ministerin.

Niederlage bei der Zentralmatura

So manches ist dem BIFIE dabei auch gelungen. Mit manchen seiner Reformen hat es tatsächlich eine Art Paradigmenwechsel in der Schulpolitik eingeläutet – hin zu einer datenbasierten Betrachtung. Die Erfolge machte man sich aber rasch selbst zunichte.

Besonders unglücklich verlief für das Institut die Planung der Zentralmatura. Vor allem die Lehrer klagten über eine unzureichende Vorbereitung. Es gebe nicht nur zu wenige Übungsbeispiele, sondern auch keine adäquaten Schulbücher für die neue Reifeprüfung. Kritisiert wurden auch die Qualität sowie die Beurteilungskriterien. Um die verunsicherten Lehrer, Eltern und Schüler zu besänftigen, musste der Start im Juni 2012 schließlich um ein Jahr verschoben werden. Dass der damalige BIFIE-Chef Josef Lucyshyn den Lehrern zunächst Unwillen vorwarf, verbesserte die Stimmung nicht gerade.

Wesentlich früher stellte sich schon die Frage nach dem Geld: Davon floss mehr und mehr an das ausschließlich öffentlich finanzierte Institut. Schon im Jahr seiner Gründung erhielt es mehr Mittel als ursprünglich budgetiert, binnen dreier Jahre erhöhten sich die Zahlungen auf das Doppelte. Der Rechnungshof meldete sich mit harscher Kritik an den BIFIE-Chefs zu Wort: Er merkte an, dass deren „kaufmännische Kompetenz“ nur „schwach ausgeprägt“ sei. Von der Effizienzsteigerung, die man sich von der Gründung des Instituts erwartet hätte, sei nichts zu bemerken, so die Prüfer.

Kritik von Wissenschaftlern

Auch von wissenschaftlicher Seite kam zunehmend Kritik: Dass die – mit viel öffentlichem Geld – gesammelten Rohdaten etwa zu PISA oder zu den Bildungsstandards anderen Forschern nicht zugänglich gemacht würden, sei unredlich. Dass das BIFIE ausgerechnet den Datenschutz als Grund dafür anführte, mutet ob der aktuellen Ereignisse fast wie ein Treppenwitz der Geschichte an.

Dass die Gründe in Wahrheit politischer Natur gewesen sein dürften, wurde spätestens diesen Herbst unzweifelhaft klar: Als sich BIFIE-Mitarbeiter nämlich in einem anonymen Brief beklagten, dass Daten auf Geheiß des Unterrichtsministeriums in der Schublade verräumt würden. Der inzwischen geschasste BIFIE-Chef Günter Haider äußerte sich noch deutlicher zum fehlenden Spielraum des Instituts im Wahljahr 2013: „Faymann wollte keine Brösel.“

Gegen den zweiten, bereits zuvor abgesetzten BIFIE-Chef Josef Lucyshyn dürfte es gar eine politisch motivierte Intrige gegeben haben. Plötzlich standen Vorwürfe gegen ihn im Raum – von unsauberer Auftragsvergabe war die Rede, von verschwundenen Blackberrys und von zu teuren Büromöbeln. Lucyshyn musste gehen, prozessierte aber gegen Schmied. Er gewann im dienstrechtlichen Verfahren in allen Instanzen.

Die Verteidigungsstrategie ging schief

Das Ministerium versuchte, die Wogen zu glätten. Zuerst wurde ein neues, strengeres BIFIE-Gesetz erlassen. Dann wurden zwei wenig medienaffine Bürokraten an die Spitze gesetzt. Ohne Erfolg. Das BIFIE-Gesetz ging den Kritikern nicht weit genug. Und die neuen Chefs – Martin Netzer und Christian Wiesner – bescherten dem Institut mit ihrer braven Verteidigung der ministeriellen Politik mehr Imageschaden als Plus. (Netzer: „Wenn etwas vom Gesetzgeber beschlossen ist, denke ich keine fünf Minuten darüber nach.“)

Wie es in Zukunft um das Vertrauen der Politik in das Institut bestellt sein wird, bleibt abzuwarten. Erst vergangene Woche erlebte das BIFIE aber einen Dämpfer: Da wurde ihm die Verantwortung für die Evaluierung der Neuen Mittelschule von den Unis Salzburg und Wien weggenommen.

AUF EINEN BLICK

Das BIFIE (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens) sieht sich seit seiner Gründung im Jahr 2008 mit dem Vorwurf politischer Einflussnahme konfrontiert. So klagten Mitarbeiter erst im Herbst in einem anonymen Brief, dass von ihnen erhobene Daten vom Unterrichtsministerium zurückgehalten würden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2014)

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