Reaktionen: "In anderen Ländern wüssten Politiker, was sie zu tun haben"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eltern orten "riesige Verunsicherung", Schüler fühlen sich "grob unfair" behandelt und die Grünen fordern in einer parlamentarischen Anfrage Antworten.

Bei Eltern, Lehrern, Schülern und Politik hat das Datenleck beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) scharfe Reaktionen hervorgerufen. „Das ist zweifellos der größte Datenskandal der österreichischen Schulgeschichte“, sagt AHS-Lehrervertreter Eckehard Quin zu DiePresse.com. „Meines Erachtens gibt es aber einen nahezu gleich großen politischen Skandal. Wenn das Unterrichtsministerium das bereits seit Mitte Dezember weiß, lastet da einiges auf der Ministerin. In anderen Ländern wüssten Politiker, was sie zu tun haben.“ Gemeinsam mit Lehrergewerkschaftschef Paul Kimberger fordert Quin den Stopp „von allen zentralen personenbezogenen Datenerhebungen etwa für PISA-Studie, Bildungsstandard-Tests und Zentralmatura“. Kimberger: „Bevor das nicht vollständig aufgeklärt ist, haben diese Dinge zu unterbleiben.“

„Das ist eine Katastrophe“, sagt Theodor Saverschel, der die Eltern an den mittleren und höheren Schulen vertritt, gegenüber DiePresse.com. „Da steckt man wahnsinnig viel Geld in solche Tests und dann passiert so etwas.“ Er fordert, dass die Causa sofort aufgeklärt wird. Die Idee der Bildungsstandards sei an sich ja gut, ein Boykott auch nicht sinnvoll, aber: „Man muss sich darauf verlassen können, dass sensible Daten sicher sind. Wenn nicht, verstehe ich vollkommen, dass manche Eltern sagen: Da lasse ich mein Kind nicht mehr mitmachen.“

„Die Verunsicherung ist riesig“, sagt auch Christian Morawek, Vertreter der Pflichtschuleltern auf DiePresse.com-Anfrage. „Das ist ein Vertrauensbruch.“ Eines der zentralen Argumente der Eltern gegenüber sei stets gewesen, dass bei den standardisierten Tests absolute Vertraulichkeit und Datensicherheit gewährleistet seien. Er fordert Aufklärung: „Die Daten landen ja nicht zufällig auf einem Server in Rumänien. Es muss die Sicherheit geben, dass sie nicht missbräuchlich verwendet worden sind.“ Dann könne auch das Vertrauen wieder hergestellt werden. „Man soll nicht die Tests an sich in Frage stellen.“

„Es darf nicht sein, dass derart private und persönliche Informationen in die Öffentlichkeit gelangen“, heißt es von der Schülerunion. „Durch die Veröffentlichung der Ergebnisse lässt sich die betroffene Klasse genau ableiten. Das ist ein Angriff auf die Anonymität der Schüler. Das setzt natürlich alle betroffenen Schüler unter Druck“, so Schülerunion-Chef Thomas Gaar. „Das ist eine grobe Unfairness gegenüber den Schülern.“

„Ich fordere die lückenlose Aufklärung“, so der Grüne Bildungssprecher Harald Walser. „Es muss aufgeklärt werden, warum das BIFIE und das Unterrichtsministerium, obwohl sie seit Dezember vom Datenleck informiert sind, nichts unternommen haben, um die sensiblen Daten vom Netz entfernen zu lassen“, so Walser. „Es ist zu befürchten, dass durch dieses Datenleck das Vertrauen von Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen beeinträchtigt wird und nur mehr schwer wieder hergestellt werden kann.“ Er brachte noch am Mittwoch eine parlamentarische Anfrage ein, in der er von Ministerin Heinisch-Hosek Antworten fordert.

Nikolaus Scherak, Neos-Bürgerrechtsprecher, zeigt sich entsetzt über den "hausgemachten Skandal" im Unterrichtsministerium und dem BIFIE. "Es kann nicht sein, dass das Unterrichtsministerium und das BIFIE über zwei Monate alle Augen zugemacht haben. Das Vertrauen von SchülerInnen, LehrerInnnen und Eltern ist zu Recht erschüttert. Angesichts der Datenschutzverantwortung für die Zentralmatura ist da Feuer am Dach", so Scherak.

Die Freiheitlichen kündigen im Bundesrat am Mittwoch eine dringliche Anfrage an Ministerin Heinisch-Hosek "betreffend das Chaos an Österreichs Schulen" an. "Was sich derzeit rund um die Schulen abspielt spottet jeder Beschreibung und bedarf dringend der Aufklärung", so Fraktionsführerin Monika Mühlwerth.  Dass streng geheime Testergebnisse des BIFIE nun im Internet gelandet seien, sei nur die konsequente Fortschreibung des SPÖ-Chaos im Schulbereich.

Für das Team Stronach ist es „unverständlich“, dass Bifie und Ministerium bereits im Dezember auf ein mögliches Datenleck hingewiesen wurden, dem aber nicht nachgegangen sind. „Anscheinend hat es hier massive Versäumnisse gegeben, die möglicherweise dazu geführt haben, dass die zigtausende Lehrer Email-Adressen und Schulrankings nun im Internet für alle einsehbar sind.“

Für die freiheitliche Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein stellt das Datenleck auch die Sicherheit bei der elektronischen Gesundheitsakte ELGA infrage. "Dass 400.000 geheime Testergebnisse von Schülern ungeschützt für jeden Internetnutzer öffentlich zugänglich sind zeigt, dass wir von Datensicherheit weit entfernt sind", so Belakowischt-Jenewein.

(beba/APA)

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