Zentralmatura wackelt, Lehrer machen Druck

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Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek will bis Anfang April klären, ob die Lehrer die Matura-Aufgaben doch selbst erstellen müssen. Für die Lehrer ist das zu spät - nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen.

Wien. Nach dem Datenleck bei den Schülerdaten wackelt nun die Zentralmatura – aber nicht wegen der persönlichen Daten oder Testergebnisse, die an die Öffentlichkeit geraten könnten. Es geht um die Frage, ob die zentral vorgegebenen Aufgaben für die Reifeprüfung auch wirklich sicher sind – oder ob sie gehackt (und in der Folge verbreitet) werden können.

Sollte sich herausstellen, dass die Aufgaben beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) nicht sicher sein, werden die für den Frühjahr geplanten zentralen schriftlichen Klausuren abgesagt. Die Lehrer müssten dann die Aufgaben – so, wie bei der konventionellen Reifeprüfung – doch wieder selbst ausarbeiten. Die Schüler hätten statt der standardisierten BIFIE-Aufgaben wieder je nach Klasse eigene zu bewältigen.

Betroffen wären bis zu 90 Prozent der Gymnasien, an denen zumindest in einem Fach als Schulversuch die schriftlichen Aufgaben zentral vorgegeben werden sollten. An zwei Standorten geht es um die komplette Reifeprüfung: Das Stiftsgymnasium St. Paul im Lavanttal und die Liese-Prokop-Privatschule für Hochleistungssportler in Maria Enzersdorf führen die Zentralmatura freiwillig schon heuer ein. Bis 4. April will Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nun extern klären lassen, ob die Klausuraufgaben sicher sind.

Zu spät, kritisieren die Lehrer. „Die Entscheidung müsste schon jetzt fallen“, fordert der AHS-Lehrergewerkschafter Eckehard Quin im Gespräch mit der „Presse“. Die Lehrer seien zwar wohl in der Lage, innerhalb eines Monats selbst neue Matura-Aufgaben zusammenzustellen. Nur: „Aus rechtlicher Sicht ist das zu spät.“

Denn wenn die Matura nach dem alten Schema abläuft, müssten die Aufgabenstellungen von den Lehrern laut Verordnung beim Landesschulrat eingereicht werden, schildert Quin. Und zwar bis spätestens vier Wochen nach Beginn des zweiten Semesters. Für Wien und Niederösterreich würde das bedeuten: bis 10. März, für die anderen Bundesländer eine bzw. zwei Wochen später.

Alle anderen Schülertests, bei denen Daten gesammelt werden und die über das BIFIE laufen, werden wie angekündigt umfangreicher geprüft. Deshalb wackelt auch die für Mai geplante Überprüfung der Bildungsstandards in Deutsch.

„Geheimhaltungshysterie“

Grundsätzlich wehrt sich die Ministerin gegen eine Veröffentlichung der kompletten Schulergebnisse: Die Standards seien nie als Vergleichsinstrument gedacht gewesen. Es soll durchaus Wettbewerb innerhalb eines Schulstandorts geben – sie wolle aber keine Konkurrenz zwischen Gegenden, in denen es gut klappe und anderen.

In Expertenkreisen sieht man das anders: „Wir haben es mit einer Geheimhaltungshysterie zu tun“, sagt die ehemalige AHS-Direktorin und Uni-Lehrende Christa Koenne im Gespräch mit der „Presse“.

Sie würde gern alle Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. „Damit würden die Schulen bzw. das Bildungssystem die Deutungshoheit behalten. Sie könnten darüber entscheiden, wie die Daten interpretiert werden“, sagt Koenne.

Schulen würde dann nicht von außen erklärt, ob sie gut oder schlecht abgeschnitten haben. Sie könnten sich an ihrem „eigenen Erwartungswert messen“. Die Expertin skizziert ein Beispiel: „Das Theresianum (Elitegymnasium in Wien, Anm.) muss hohe Erwartungen an sich selbst stellen. Denn dort haben die Eltern einen hohen sozioökonomischen Status, die Schule wird ganztägig geführt und es wird individuelle Förderung angeboten. Landet das Theresianum nicht unter den besten fünf Schulen, dann ist das enttäuschend. Für die Neue Mittelschule in Favoriten wäre das hingegen ein riesiger Erfolg.“

Ein solches System hätte auch für das Unterrichtsministerium gewisse Vorteile: Es könnte gezielt jene Schulen fördern, die es nicht schaffen, die Erwartungen zu erfüllen, so Koenne. (APA/beba/j.n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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