Gymnasien lassen NMS-Schüler abblitzen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Offenbar weigern sich Gymnasien in Wien, Kinder aus der Neuen Mittelschule aufzunehmen. AHS und Stadtschulrat sehen "Einzelfälle".

Die Neue Mittelschule (NMS) sollte eigentlich - bei entsprechend guten Noten - einen problemlosen Übertritt in andere Schultypen garantieren. Dass dem nicht so ist, zeigt eine Zeitungsrecherche auf. Der "Kurier" berichtet von einem Buben, der nach dem Abschluss einer Neuen Mittelschule (NMS) auf ein Gymnasium wechseln wollte, aber von vier Schulen abgewiesen wurde.

Die Zeitung rief daraufhin anonym bei einigen Wiener Schulen an und bekam irritierende Antworten: "Wir nehmen keine Schüler aus der Neuen Mittelschule. Das ist eine Entscheidung der Direktion", hieß es gleich von der ersten AHS. Andere wiesen auf "die Realität" hin oder verwiesen darauf, dass sie "schlechte Erfahrungen" mit Schülern gemacht hätten, die zuvor in einer NMS waren. Manche Schulen empfahlen ein Oberstufenrealgymnasium (ORG), das wiederum auf Restplätze verwies: NMS-Kinder würden mitunter "übrig bleiben".

Okonitsch: "Unterträglicher Zustand"

Der Wiener Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) sagte im Ö1-Mittagsjorunal, er habe den Bericht "aufmerksam gelesen" und halte die beschriebene Situation "für einen sehr unerträglichen Zustand". Er habe den Stadtschulrat bereits um eine Stellungnahme ersucht. Der gesetzliche Rahmen sei klar und der Übertritt müsse möglich sein.

Die Rechtslage: NMS-Schüler, die im Zeugnis in den Hauptfächern einen Einser Zweier haben, dürfen auf ein Gymnasium wechseln, bei einem Dreier nur in Ausnahmefällen. Direktoren können jedoch zusätzliche Kriterien festlegen. Im Stadtschulrat sieht man die Durchlässigkeit gegeben: Der Wechseln in ein Oberstufenrealgymnasien sei zumeist problemlos möglich. In ein achtjähriges Gymnasium könne man schwerer wechseln, weil es kaum Aufnahmekapazitäten gebe.

AHS-Direktoren: "Nur Einzelfälle"

Die Sprecher der AHS-Direktoren von Wien bzw. Österreich betonen, dies könnten nur "Einzelfälle" sein. NMS-Absolventen seien beim Zugang zu den AHS-Oberstufen auf jeden Fall gleichberechtigt, betont AHS-Direktorensprecher Wilhelm Zillner (ÖVP). Für ihn persönlich sei es "auf keinen Fall denkbar", einen Bewerber nur wegen der Schulform abzuweisen. "Das ist sicherlich kein generelles und kein abgesprochenes Vorgehen", so Zillner, der selbst ein Oberstufenrealgymnasium leitet. "Alles andere wäre illegal und nicht zu rechtfertigen."

Auch laut Ursula Madl, Sprecherin der AHS-Direktoren Wiens, kann es sich "auf gar keinen Fall" um akkordiertes Vorgehen, sondern maximal "Einzelfälle" handeln, immerhin gebe es für den Übertritt in die Oberstufe ganz klare Kriterien. Es gebe an den achtjährigen Gymnasien allerdings immer viele Abweisungen bei den Bewerbungen für die Oberstufe, da diese "heillos überfüllt" seien.

"Die AHS-Langform kann nur Kinder aufnehmen, wenn Plätze frei bleiben, weil Schüler an eine berufsbildende höhere Schule wechseln", so Madl. Dass dabei Schüler mit NMS-Abschluss benachteiligt werden, kann sie sich nicht vorstellen. Nicht die Schulart zähle, sondern der Leistungsstand. "Alles andere wäre unprofessionell." Nachsatz: Es sei vorstellbar, dass Eltern wegen der verwirrenden Notengebung an den NMS fälschlicherweise annehmen, dass ihr Kind ein Spitzenzeugnis habe.

Neue Mittelschule

Die NMS soll bis 2016 flächendeckend die Hauptschule ersetzen. Die Idee: Kinder mit und ohne AHS-Reife werden gemeinsam unterrichtet. In der 3. und 4. Klasse wird in Deutsch, Mathematik und Englisch unterschieden, ob ein Schüler nur das "grundlegende" oder "vertiefte" Niveau erreicht. Das wird im Zeugnis ausgewiesen, nur Schüler mit "vertiefter" Benotung in den Hauptfächern sind zum Übertritt in eine AHS oder berufsbildende höhere Schule (BHS) berechtigt.

(Red.)

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