Gratisnachhilfe für Wiener Schüler

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Die Wiener SP plant, ab Herbst die Gratisnachhilfe für alle Pflichtschüler einzuführen, die sie brauchen. Kosten soll sie 18 bis 20 Mio. Euro, Eltern sollen sich 600 Euro pro Jahr ersparen.

Rust. Der Druck in der Schule steigt. Bereits ein Drittel der Kinder in österreichischen Gymnasien benötigt private Nachhilfe, an der Neuen Mittelschule sind es laut einer Studie der Arbeiterkammer 17Prozent. Aber nicht jeder, der Nachhilfe benötigt, bekommt sie auch. Denn private Nachhilfestunden sind teuer (laut AK-Studie durchschnittlich 600 Euro pro Jahr).

Viele Eltern würden sich das nicht leisten können, sagte Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, am Donnerstag bei der SPÖ-Klubklausur in Rust. Deshalb werde Wien nach dem Gratiskindergarten ab dem kommenden Schuljahr die Gratisnachhilfe für Pflichtschüler (also auch AHS-Unterstufe) einführen: „Es geht um Chancengleichheit“, sagte Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch der „Presse“. Reiche Eltern würden sich Nachhilfestunden problemlos leisten können, sozial schwächere Familien nicht – es sei nicht akzeptabel, dass nicht alle Kinder dieselben Bildungschancen hätten, nur weil sie aus sozial unterschiedlichen Schichten kommen würden.

Wien investiert 20 Mio. Euro

Wie sieht das Modell konkret aus? Rund 400 Lehrer stellt die Stadt Wien für die Gratisnachhilfestunden zur Verfügung (derzeit arbeiten rund 13.000 Lehrer für die Stadt Wien). 200 der 400 Nachhilfelehrer werden neu aufgenommen (laut Oxonitsch gibt es dafür genügend Anwärter), 200 werden von Volkshochschulen bzw. aus dem bereits vorhandenen Lehrpersonal gestellt. Damit stellt erstmals ein Bundesland eigene Lehrer an bzw. bezahlt diese selbst. In den Klassen wird dann ermittelt, welches Kind Nachhilfe benötigt. Diese Kinder erhalten dann in Gruppen Nachhilfeunterricht an den Schulen bzw. Volkshochschulen. Durchschnittlich bekommt jede Schule 22 Nachhilfestunden pro Woche finanziert – diese Stunden werden in Gruppen bis zu circa 20 Kindern abgehalten. In der Praxis stehen vor allem Mathematik, Naturwissenschaften, Deutsch und Fremdsprachen im Mittelpunkt. Wie viele der 150.000 Wiener Pflichtschulkinder künftig die Gratisnachhilfe bekommen, ist derzeit noch offen.

„Mit dieser Förderung ersparen sich die Wiener Eltern rund 600 Euro pro Jahr“, erklärte Häupl, der darauf hinwies: Nicht nur sozial Schwache, sondern auch der Mittelstand profitiere von der neuen Gratisnachhilfe und werde damit finanziell entlastet. Die Stadt Wien selbst kostet die Einführung der Gratisnachhilfe geschätzte 18 bis 20 Millionen Euro pro Jahr. Das Projekt muss jetzt noch mit dem grünen Koalitionspartner akkordiert werden, Oxonitsch rechnet allerdings mit der vollen Unterstützung. Man sei in der Bildungspolitik auf derselben Ebene wie der Koalitionspartner.

Ein Grund für die Einführung der Gratisnachhilfe: Jährlich geben die Österreicher rund 100 Millionen Euro für die Nachhilfe ihrer Kinder aus – Tendenz sinkend, weil sich laut AK-Studie immer weniger Eltern die teuren Nachhilfestunden leisten können. Demnach versuchen Eltern dann oft selbst die Nachhilfe zu übernehmen (rund 80 Prozent gaben an, ihre Kinder gelegentlich bei Hausübungen zu unterstützen), eine effektive Nachhilfe erhalten aber wenige Kinder.

Weitere Details werden bis Herbst erarbeitet, etwa ob Kinder mit Förderbedarf während des Unterrichts aus der Klasse genommen oder nach dem Ende des regulären Unterrichts gefördert werden. Als Vorbild nennt Häupl auch die katholischen Schulen. Dort würden Kinder in Ganztagsschulen in Form eines verschränkten Unterrichts betreut und gefördert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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Kommentare

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