Sparstift wird bei allen Schulen angesetzt

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ)
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ)(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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In der Bildung müssen 57 Millionen Euro gespart werden. Dafür wird sogar beim Prestigeprojekt Neue Mittelschule gekürzt. In den höheren Schulen werden die Klassen größer.

Wien. Die Wortwahl ist bezeichnend: Als „Bankrotterklärung“, „Verhöhnung“ und „Affront“ wurden die Sparpläne von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in einer ersten Reaktion tituliert (siehe Artikel links). Sie gab bekannt, dass heuer 57 Millionen Euro gespart werden müssen. Im Jahr 2015 kommen 60 Millionen Euro hinzu. Gekürzt werden soll nicht nur in der Verwaltung, sondern in jedem einzelnen Schultyp. Wie die Sparvorgaben Schulen und Schüler treffen:


•Neue Mittelschule: Selbst das Prestigeprojekt muss Federn lassen. In der Neuen Mittelschule wird beim Teamteaching – dem gemeinsamen Unterricht von zwei Lehrern – um ein Drittel gekürzt. Statt sechs Extralehrerstunden finanziert der Bund für die doppelten Besetzungen in Deutsch, Mathe und Englisch künftig nur noch vier. Dabei ist das Teamteaching das Herzstück dieser Schulform. Insgesamt können damit in den NMS nur noch zehn Stunden doppelt besetzt werden. Dafür erntet Heinisch-Hosek sogar Kritik von den SPÖ-nahen Lehrern: Sie sprechen von der „NMS light“ als „Mogelpackung“.
•Berufsbildende Schule: Die Befürchtungen der Gewerkschafter, die sie bereits gestern in der „Presse“ geäußert hatten, wurden bestätigt: Die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen – zu denen etwa die HTL zählen – trifft es besonders hart. In der ersten Klasse werden dort künftig auch mehr als 30 Schüler im Mathematik-, Deutsch- und Englischunterricht sitzen. Bisher wurden Klassen ab 30 Schülern geteilt. Das fällt aus Spargründen.„Das wirkt sich fatal auf die Schüler aus“, sagt Lehrervertreter Jürgen Rainer zur „Presse“. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, wie wichtig die Teilungen sind. Sie hätten dazu geführt, dass pro Jahr rund 5000 Schüler weniger eine berufsbildende Schule abbrechen als vorher. Größere Gruppen soll es in Labors und Werkstätten geben. Eltern fürchten hier um die Sicherheit ihrer Kinder.


•Gymnasium: Auch an den Gymnasien geht das Ganze nicht spurlos vorüber. In der ersten Klasse der Oberstufenrealgymnasien soll die Teilung in Mathematik und Deutsch fallen. An den AHS soll im Informatikunterricht nicht mehr ab 13 Kindern, sondern ab 25 geteilt werden. Begründet wird die Maßnahme damit, dass diese Teilungsregel aus der Zeit stammt, als in den Informatikräumen weniger Computer zur Verfügung standen. Im Fach Bildnerische Erziehung entfällt die Klassenteilung sogar komplett.


•Volksschule: Hier soll offiziell nicht gespart werden. Doch ungeschoren werden auch die Volksschulen nicht davonkommen. Kleinere Schulstandorte könnten schließen. Die Ministerin will diese Entscheidung zwar den Ländern überlassen. Sie schickt im ORF-Radio aber voraus, dass „die Länder wohl am besten wissen, was sie sich leisten können und was nicht“. Klar sei, dass sich auch die Länder „nach der Decke strecken müssen“.
•Schulpsychologen: Eine Abfuhr holt sich die Gewerkschaft mit der Forderung nach mehr Sozialarbeitern und Psychologen. Die Ministerin will „neue Wege beschreiten“ und spricht von Beispielen, wie man mit gleichem Personal die Kinder gut betreuen könne. Mit externem Personal sollte man sich nur „das ein oder andere Mal behelfen“.


•Verwaltung: Heinisch-Hosek plant, Förderungen zu kürzen und Überstunden in der Verwaltung zu reduzieren.


•Inserate: Weniger Geld soll es für Inserate geben. Das kann aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Im Vergleich zu den 57 Millionen Euro sind die Ausgaben in diesem Bereich gering. Im letzten Quartal des Jahres 2013 waren es rund 355.000 Euro.

Übrigens werden bereits erste Befürchtungen laut, dass die verkündeten Einsparungen noch nicht alles sind. Durch die Gehaltsvorrückungen der Lehrer, den Ausbau der Ganztagsschule sowie jenen der NMS würden die Kosten steigen, warnt der grüne Bildungssprecher, Harald Walser. Er rechnet mit Kürzungen von 200 Millionen Euro, damit die Sparvorgabe erreicht wird.

AUF EINEN BLICK

Die Einsparungen belaufen sich heuer im Bildungsministerium auf 57 Millionen Euro. Im Jahr 2015 müssen noch einmal 60 Millionen Euro gekürzt werden. Das sind jeweils etwa 0,75 Prozent des rund acht Milliarden Euro schweren Bildungsbudgets. Gespart werden soll vor allem in der Verwaltung, aber auch direkt in den Schulen. Besonders betroffen sind die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2014)

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