Johannes Lindner bildet Schüler zu Entrepreneuren aus. Dabei geht es aber nicht nur ums Gründen von Unternehmen.
Wien. Ein Nullenergie-Fitnesscenter, in dem die Kunden die Energie für die warme Dusche nach dem Training selbst mitproduzieren. Ein Brunnenprojekt in Äthiopien, das mit dem Einsammeln von Plastikflaschen finanziert wird. Das sind zwei von vielen Geschäftsideen von Jugendlichen, die vergangene Woche beim Businessplanwettbewerb „Fest der Ideen“ ausgezeichnet wurden. Initiator dieses Wettbewerbs ist Ashoka-Fellow Johannes Lindner.
Der Wirtschaftspädagoge hat in den vergangenen 15 Jahren in Österreich ein beachtliches Bildungsprojekt aufgezogen. Er hat es geschafft, dass „Entrepreneurship-Erziehung“, (im breiten Wortsinn „etwas unternehmen, eine Idee in die Tat umsetzen“) fest in den Lehrplänen der berufsbildenden Schulen verankert ist. Das ist das Ergebnis einer langfristig angelegten Bottom-up-Initiative, die Lehrer Schritt für Schritt mit dem Prinzip der Entrepreneurship-Erziehung vertraut macht.
Gestärktes Selbstvertrauen
Mit dem Impulszentrum Eesi (Entrepreneurship Education für schulische Innovation) der KPH Wien/Krems hat Lindner ein bundesweites Netzwerk von Koordinatorinnen und Koordinatoren aufgebaut, die das Thema an die Schulen bringen. Ifte wiederum, die Initiative für Entrepreneurship Education, ermöglicht es Lehrern in Partnerunternehmen wie der OMV, Merkur oder Henkel ein dreitägiges Betriebspraktikum zu absolvieren. Den starken Fokus auf die berufsbildenden Schulen erklärt Lindner damit, dass in diesem Schulzweig einfach der größere Bedarf bestehe als etwa an Gymnasien: „Es geht darum, diejenigen zu stärken, die zu Hause nicht so sehr gefördert werden“, sagt Lindner. Der aus seiner Sicht wichtigste Teil der „Anatomie eines Entrepreneurs“ sei die Passion. „An der fehlt es oft, weil sich die Jugendlichen einfach nicht zutrauen, dass sie selbst Ideen haben können.“
In dem Bereich sieht Lindner in Österreich ein klares Manko: „Die Bereitschaft, andere Menschen in ihrem Tun zu bestärken, ist in Österreich unterentwickelt. Wir neigen eher zum Kritisieren.“ Lindner ortet auch einen Hang zur Unselbstständigkeit bei der Jugend: „Eltern und Großeltern spannen einen Kokon der Liebe um die Kinder, nehmen ihnen alles ab. Die Jugendlichen sind dann mit 15 die perfekten Konsumenten, haben aber nicht gelernt, dass sie selbst Dinge bewegen können.“
Deshalb sei die Erziehung zum Entrepreneur nicht nur ein wirtschaftliches, sondern ein politisches Projekt: Denn: „Wie soll man von jemandem, der zu Hause nie erfahren hat, dass Entscheidungen demokratisch getroffen werden, das auf einer höheren Ebene plötzlich einfordern?“, fragt Linder. Die Ausbildung zum Entrepreneur kann zur Unternehmensgründung führen – spannende Ideen haben die Jugendlichen genug – das muss aber nicht sein. Eine „anpackende“ Haltung sei schließlich in vielen Lebensbereichen gefragt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2014)