Zentralere Benotung? Ja – aber anders

(c) Clemens Fabry
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Österreichs Lehrer sind nicht per se gegen standardisierte Prüfungen - wenn sie denn richtig umgesetzt sind. Das ergab eine breite Umfrage eines kritischen Lehrers.

Wien. Wenn das Vertrauen in die offiziellen Stellen verloren geht, dann muss man selbst die Initiative ergreifen. So etwas in der Art dürfte sich wohl BHS-Lehrer Roland Frauenberger gedacht haben, als er unter Kollegen seine eigene Umfrage zur neuen Zentralmatura gestartet hat. Insgesamt mehr als 400 AHS- und BHS-Lehrer aus ganz Österreich sind seinem Aufruf gefolgt. Die Ergebnisse, die seine Studie liefert, überraschen nicht nur – sie geben auch zu denken.

So stünde der größte Teil der befragten Lehrer „standardisierten Prüfungen mit vorgegebenen Beurteilungskriterien“ durchaus positiv gegenüber – wären da nicht die Verfehlungen der heimischen Bildungspolitik: Denn an den konkreten Maßnahmen, die derzeit in Österreich gesetzt werden, gibt es heftige Kritik. 68,5 Prozent der Befragten zeigen sich mit den bisherigen Maßnahmen des Bildungsministeriums „nicht“ oder „eher nicht“ zufrieden. Das neue System der zentralen schriftlichen Reifeprüfung senke die Arbeitsmotivation und erhöhe den Aufwand für die Lehrer.

Kritik kommt auch an den Aufgabestellungen: Nur knapp neun Prozent sind völlig davon überzeugt, dass die neuen Maturaaufgaben geeignet sind, den „tatsächlichen Leistungsstand“ der Schüler abzubilden. 34 Prozent sind komplett gegenteiliger Meinung.

Ein weiteres spannendes Ergebnis: Ein Drittel der Lehrer stimmt der Aussage zu, dass es zur Vorbereitung auf eine zentrale Reifeprüfung auch vereinheitlichte Schularbeiten brauche. 29 Prozent der Befragten halten die Aussage immer noch für „eher zutreffend“.

BHS-Lehrer Frauenberger will nun vor allem eines erreichen: Dass die Ergebnisse seiner Umfrage nicht in einer ministeriellen Schublade verschwinden. Er hat einen offenen Brief an die Ministerin geschrieben, auch im Namen vieler „frustrierter“ junger Kollegen, die Angst vor lautem Widerstand hätten. Er erhofft sich für künftige Reformen, dass „nicht zuerst eingeführt und durchgeführt wird, bevor man sich überhaupt über mögliche Probleme Gedanken macht.“ Es brauche „von Anfang an eine Evaluierung an der Basis“.

>>> Zur Umfrage als PDF

>>>  Offener Brief an Ministerin Heinisch-Hosek

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2014)

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