Koalition: SPÖ lehnt Zurück zur Hauptschule ab

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Die ÖVP rüttelt am Ausbau der Neuen Mittelschule. Bildungsministerin Heinisch-Hosek bleibt aber dabei.

Wien. Die Neue Mittelschule (NMS) ist – obwohl die österreichweite Einführung von SPÖ und ÖVP gemeinsam beschlossen wurde – stets gut für eine Auseinandersetzung zwischen den Koalitionspartnern. Diesmal startete der ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka einen Angriff auf das rote Prestigeprojekt.

Nicht nur der Ausbau der Neuen Mittelschule solle gestoppt, sondern „im Ernstfall“ sogar der Rückbau angeordnet werden, fordert Lopatka in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ für den Fall, dass die Evaluierung schlechte Ergebnisse bringe. Nachsatz: Er habe „größte Zweifel“, dass sich der neue Schultyp bewährt habe.

Genau das sollte Anfang nächsten Jahres geklärt sein. Dann sollten die Ergebnisse der Evaluierung vorliegen, an der derzeit Experten der Uni Wien und der Uni Salzburg arbeiten. Sie untersuchen seit Beginn des Schulversuches die Leistungen und die sogenannten überfachlichen Kompetenzen der Schüler, die in den Jahren 2008 und 2009 als Vorreiter mit der NMS starteten.

Anhand dieser Untersuchung eine valide Aussage über die Qualität der NMS zu treffen ist auch für die Wissenschaftler nicht einfach. In der Startphase haben nämlich nicht nur sehr wenige Schulen an dem Schulversuch teilgenommen, sondern klarerweise vorwiegend jene Standorte, die sich bewusst dazu entschieden haben. Das muss in den statistischen Berechnungen berücksichtigt werden.

NMS „pädagogisch wertvoll“

Eigentlich sollte der neue Schultyp schon viel früher evaluiert werden – und zwar vor einer österreichweiten Einführung der Neuen Mittelschule. Diese Vorgabe haben SPÖ und ÖVP aber ignoriert und im Jahr 2012 beschlossen, bis zum Schuljahr 2015/16 alle Hauptschulen auf Neue Mittelschulen umzustellen.

Nun hadert die ÖVP mit diesem Schritt. „Ich bezweifle, dass es der richtige Schritt war“, sagt Lopatka jetzt. Grund für seine Skepsis sind unter anderem die Ergebnisse der Anfang 2014 veröffentlichten Bildungsstandardtests im Fach Englisch, bei denen die Neuen Mittelschulen keine besseren Ergebnisse als die Hauptschulen geliefert haben. Außerdem machen Lopatka die vom Rechnungshof kritisierten hohen Kosten, die an der Neuen Mittelschule durch den Einsatz von zwei Lehrern in einem Fach entstehen, Sorgen. Während die Lehrerpersonalkosten je Schüler in der AHS-Unterstufe bei rund 4700 Euro liegen, sind es in der Neuen Mittelschule 7200 Euro. „Wenn sich dann noch herausstellt, dass es auch pädagogisch wenig bringt, wenn es also bedeutet, ,außer Spesen nichts gewesen‘, dann kann man nicht sagen, die NMS muss trotzdem bleiben“, sagt Lopatka.

Völlig anders sieht das Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sie schloss einen Ausbaustopp der Neuen Mittelschule dezidiert aus. Im Gegenteil: Sie wolle an dem „pädagogisch wertvollen Konzept“ mit Individualisierung und der Förderung von Kompetenzen jedenfalls festhalten, hieß es aus Heinisch-Hoseks Büro.

Sollte die Evaluierung der NMS Mängel zeigen, dann sei die Ministerin gern bereit, das zu diskutieren. „Aber es ist unseriös, das pädagogische Konzept vorzuverurteilen“, heißt es aus dem Ministerium.

AUF EINEN BLICK

Die Neue Mittelschule(NMS) wurde 2008 als Schulversuch gestartet. Seit Herbst 2012 wird die NMS als Regelschule geführt. Bis zum Schuljahr 2015/16 sollen alle Hauptschulen in Neue Mittelschulen umgewandelt sein. Theoretisch können sich auch Gymnasien in Neue Mittelschulen umwandeln. Das haben bislang aber nur elf Standorte gemacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2014)

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