Lehramt: „Studienbewerbern fehlt die Belastbarkeit“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Wert, ab dem Kandidaten für das Lehramt durchfallen, sei relativ niedrig angesetzt worden, sagt Uni-Graz-Vizerektor Martin Polaschek.

Die Presse: 90 Prozent der Bewerber haben den neuen Aufnahmetest für das Lehramt an der Uni Graz bestanden. Sind alle so gut?

Martin Polaschek: Wir haben den Wert, ab dem Kandidaten durchfallen, relativ niedrig angesetzt – auch deshalb, weil es das erste Mal war, dass wir getestet haben. Es ging uns nicht darum, Personen abzuschrecken. Wir wollten diejenigen herausfiltern, für die ein Lehramt nicht das Geeignete ist.

Man wollte mit dem Aufnahmeverfahren also gar nicht die Besten der Besten herausfiltern?

Dieses Ziel hatten wir nie. Es wäre vermessen zu behaupten, dass man mit einem Zulassungsverfahren die Besten der Besten findet.

Woran sind die zehn Prozent in Graz denn gescheitert?

Wir sind gerade dabei, das zu untersuchen. Wir haben viele verschiedene Kompetenzen abgefragt. Eines der Kriterien, an denen Bewerber scheiterten, ist, dass sie für den Lehrberuf nicht die entsprechende Belastbarkeit haben. Und teils nicht die Fähigkeit, mit jungen Menschen umzugehen.

Wie kann man das durch einen Computertest feststellen?

Es haben ja nicht ein paar Schreibtischtäter etwas erfunden. Es gibt ausgefeilte psychologische Testungen. Die Pädagogischen Hochschulen verwenden solche Tests schon seit etwa zehn Jahren. Wir haben sie nur fortentwickelt.

An der PH Niederösterreich fiel die Hälfte der Lehramtskandidaten heuer wegen mangelhafter Rechtschreibung durch. An der Uni scheitern sie wegen mangelnder Belastbarkeit?

Auch bei uns sind Kandidaten wegen der Rechtschreibung durchgefallen. Aber ich kann nicht sagen, wie sich der Test in Niederösterreich von unserem unterscheidet.

Der Rechnungshof kritisiert, dass für das Lehramt verschiedene Tests verwendet werden. Warum einigt man sich nicht auf einen?

Wir sind dabei, einen Test zu entwickeln, der künftig allen PH und Unis zumindest zur Verfügung stehen soll. Es ist ein großes Projekt der Uni Graz mit 16 Partnern, die auch schon gesagt haben, dass sie den Test verwenden wollen. Die Unis in der Steiermark und Kärnten waren jetzt der Pilot für diese Tests.

Wird dann auch die Uni Wien Ihren Test verwenden?

Die Uni Wien folgt bei ihrem Konzept einer etwas anderen Logik. Sie hat entschieden, jede Person zu nehmen, die zum Aufnahmeverfahren bzw. zum Gespräch kommt (siehe Artikel links). Es gibt eben verschieden Zugänge.

Anderes Thema: Wird das Türkisch-Lehramt in Graz kommenden Herbst starten?

Wir werden dem Unterrichtsministerium das Curriculum im Paket mit den anderen Lehrplänen für die Lehramtsstudien vorlegen. Und ich gehe derzeit davon aus, dass es funktionieren wird. Ich habe den Eindruck, dass die Bereitschaft und das Verständnis diesmal da sind.

ZUR PERSON

Martin Polaschek(*1956) ist Vizerektor für Studium und Lehre der Uni Graz. Darüber hinaus ist der Jurist Vorsitzender des Forums Lehre der Universitätenkonferenz und Mitglied in der Taskforce Lehramt. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2014)

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