Jeder Dritte weiß zu wenig über Verhütung

Der Verhütungskoffer „Deluxe“ soll im Schulunterricht eingesetzt werden.
Der Verhütungskoffer „Deluxe“ soll im Schulunterricht eingesetzt werden. (c) Jakob Kolar
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Die Österreicher fühlen sich gut über Verhütung informiert. Doch 43 Prozent hatten zuletzt einen „Verhütungsunfall“.

Wien. Gerade rechtzeitig zum heutigen Weltverhütungstag wurde das Wissen der Österreicherinnen und Österreicher zu diesem Thema getestet. Das Fazit: Acht von zehn Befragten fühlen sich beim Thema Verhütung (sehr) gut informiert – doch ein Drittel hat Wissenslücken. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Online-Umfrage der Marktforscher von meinungsraum.at, bei der 500 Personen zwischen 14 und 70 Jahren befragt wurden.

Teilweise traten sogar eklatante Wissensmängel auf. So glaubt jeder Zehnte, dass die Antibabypille nicht nur vor einer ungewollten Schwangerschaft, sondern auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt (siehe Grafik unten). Unwissend zeigen sich in diesem Zusammenhang vor allem Männer – 14 Prozent beantworteten die Frage falsch – sowie Befragte ohne Matura und Personen über 50 Jahre.

An Information mangelt es aber auch an anderer Stelle: 16 Prozent der Österreicher wissen nicht, was der Zyklus der Frau ist. Da verwundert es auch kaum, dass viele keine Ahnung haben, in welchem Zeitraum eine Frau schwanger werden kann. Ein Fünftel glaubt fälschlicherweise, dass das nur in den letzten sieben Tagen des Zyklus möglich sei. Bei den Männern glaubt das sogar ein Drittel. Doch auch Frauen wissen beim Thema Verhütung häufig nicht so gut Bescheid, wie es auf den ersten Blick scheint. Unter jenen Frauen, die angaben, dass sie die Pille danach kennen, waren zwei Drittel der Meinung, dass diese wie eine Abtreibung wirke. Nur 40 Prozent wussten, dass diese Pille rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist.

Angesichts all dieser Wissenslücken verwundert es nicht, dass 43 Prozent der Befragten in den vergangenen fünf Jahren einen „Verhütungsunfall“ hatten.

Verhütungskoffer präsentiert

Die Forderung nach mehr sexueller Aufklärung wird jedenfalls wieder lauter. Die Bundesjugendvertretung (BJV) hat zuletzt eine Kampagne unter dem Titel „Reden wir Klarsex“ gestartet und plädiert nicht nur für mehr Information, sondern auch für kostenlose Verhütungsmittel. Denn: „Die Pille vom Taschengeld zu bezahlen kann sich nicht jeder leisten“, sagt deren Vorsitzende, Laura Schoch. Es zeige sich, dass Österreich im europäischen Vergleich beim Zugang zu Verhütungsmitteln „schlecht abschneidet“.

Die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) sieht bei der sexuellen Aufklärung von Jugendlichen ebenso „noch relativ viel Luft nach oben“ und plädiert für eine bessere Schulung der Lehrer. Den Schulen bietet die Gesellschaft schon seit den 1980er-Jahren den als „Sex-Koffer“ bekannt gewordenen Verhütungskoffer an. Gestern, Donnerstag, präsentierten sie die neue „Deluxe“-Variante. Neben den bisher enthaltenen Informationsmaterialien, einem Uterusmodell und Dummys von Anti-Baby-Pillen bis zu Schaumzäpfchen enthält dieser nun auch weitere Verhütungsmittel wie das Diaphragma und das noch wenig bekannte Kondom für Frauen, das Femidom. Anhand von Holzpenissen sollen die Jugendlichen außerdem das korrekte Überziehen von Kondomen lernen. Kostenpunkt des Sexkoffers, der über die ÖGF bezogen werden kann: 115 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2014)

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