Wien: Reger Andrang an jüdischen Schulen

Die jüdischen Schulen haben private Erhalter, besitzen aber Öffentlichkeitsrecht.

lle noch erhaltenen jüdischen Schulen Österreichs befinden sich in Wien-Leopoldstadt. Die vier jüdischen Schulen sind gut ausgelastet, die Zahl der Schüler steigt. Deshalb ist nicht nur die Zwi Perez Chajes Schule auf einen fast sechsmal so großen Campus übersiedelt, auch die Lauder Chabad-Schule hat ausgebaut und die Mädchenklassen der orthodoxen "Beth Jakov"-Schule sind in ein größeres Gebäude übersiedelt.

Die jüdischen Schulen haben private Erhalter, besitzen aber Öffentlichkeitsrecht - der erfolgreiche Besuch qualifiziert also zum Aufstieg in höhere Schulstufen oder den Übertritt in eine Universität. Unterrichtssprache der Schulen ist Deutsch, erste Fremdsprache Hebräisch. Neben dem profanen Lehrplan werden auch jüdische Geschichte, Philosophie und Kultur unterrichtet. "Das Judentum ist nicht nur eine Religion, sondern auch Identität", so Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Es spiele eine große Rolle im Schulalltag. Jüdische Speisegesetze würden eingehalten, an jüdischen Feiertagen habe die Schulen geschlossen.

Die älteste jüdische Schule Wiens ist die orthodoxe "Beth Jakob", die vom Verein Machsike Hadass erhalten wird. Mädchen und Buben werden hier in allen Altersgruppen getrennt unterrichtet, der Schwerpunkt liegt auf religiösen Fächern. Die Schule wurde vor 150 Jahren in der Malzgasse begründet. Anfang September sind die etwa 100 Schülerinnen der Volks- und Hauptschule sowie jene der dreijährigen "Mädchenfachschule für Kommunikation und Wirtschaft" wegen Platzmangel in das neue Schulgebäude in der Großen Stadtgutgasse übersiedelt. Am Standort Malzgasse ist nunmehr die orthodoxe Volks- und Hauptschule für etwa 100 Buben untergebracht. In den vergangenen zehn Jahren, erzählt Machsike-Hadass-Obmann Erwin Steiner, habe sich die Zahl der Schüler - vom Kindergarten bis zur Fachschule - auf 200 verdoppelt. "Das sind nicht nur Zuwanderer. Auch immer mehr Menschen mit Wiener Wurzeln, die im Ausland gelebt haben, kommen zurück nach Wien", so Steiner.

Die Lauder Chabad Schule bietet Betreuung von der Krabbelstube bis zur Matura. Schon in der Vorschule beginnt der Unterricht von Hebräisch in Wort und Schrift, es werden nur Kinder mit jüdischem Religionsbekenntnis aufgenommen. 15 bis 20 Kinder pro Klasse werden nach Montessori-Pädagogik und den Grundsätzen von offenem und bewegtem Lernen unterrichtet, seit 2000 kann am neu geschaffenen Oberstufenrealgymnasium auch maturiert werden. Im Juli vergangenen Jahres musste das ursprünglich für 300 Kinder konzipierte Gebäude am Rabbiner-Schneerson-Platz um ein Stockwerk erweitert werden, um die steigende Zahl von Schüler unterzubringen. Die Schule wird von der Chabad-Bewegung erhalten.

Die Zwi Perez Chajes Schule hat sich ab 1925 - mit Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg - in der Castellezgasse beim Augarten befunden, aus Platzmangel ist sie im September dieses Jahres auf dem neuen Campus in Praternähe übersiedelt. Dort finden künftig bis zu 600 Kinder im Kindergarten, der Volksschule und dem Realgymnasium Platz. Bisher waren es etwa 350. Zu den Leitgedanken der Schule gehört, das "jüdische Selbstverständnis" der Schüler zu fördern. Jüdische Feiertage werden eingehalten, Buben müssen eine Kippa - oder alternativ eine Kappe - tragen, in der Ganztagsschule gibt es koscheres Essen. Schulerhalter ist ein Tochterverein der IKG.

(APA)

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