Studie: Ganztagsschule führt nicht zu Entfremdung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Befürchtung, ein Ganztagsschulbesuch würde Eltern von ihren Kindern entfremden, sei unbegründet, schreiben die Autorinnen einer Studie. Eher im Gegenteil.

Fühlen sich Kinder, die ihre Nachmittage in der Schule verbringen, den Eltern entfremdet? Offenbar nicht, eher das Gegenteil ist der Fall. Zu diesem Schluss kommt zumindest eine in der Fachzeitschrift "Erziehung und Unterricht" veröffentlichte Studie der beiden Psychologinnen Brigitte Rollett und Gloria Rajtora. Keine Unterschiede zwischen Ganztagsschülern und Halbtagsschülern zeigten sich bei Schulleistung, Schulfreude und Freizeitverhalten.

Für die Studie befragten die Psychologinnen 212 Wiener Schüler in der vierten Klasse der Kooperativen Mittelschule (KMS), einer Form der Hauptschule. 92 besuchten eine Halbtagsschule, 120 eine Ganztagsschule (entweder in offener oder verschränkter Form; Schule jeweils bis mindestens 16.30 Uhr), wobei zur besseren Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Schulen immer jeweils eine Halb- und eine Ganztagsschule aus dem gleichen Bezirk ausgewählt wurden. Die Ergebnisse bestätigten dabei die Resultate einer ähnlichen deutschen Untersuchung mit rund 50.000 Teilnehmern.

Entfremdung weniger ausgeprägt

Dies deute darauf hin, "dass die teilweise vorherrschende Befürchtung, ein Ganztagsschulbesuch würde Eltern von ihren Kindern entfremden und das Familienleben stören, unbegründet ist", schreiben die Autorinnen. Im Gegenteil: Ganztagsschüler berichteten von einem "signifikant niedrigeren Entfremdungsgefühl ihren Eltern gegenüber".

Mögliche Gründe dafür: Einerseits könnten Eltern so in schulischen und erzieherischen Belangen entlastet und damit das Familienklima verbessert werden. Andererseits befänden sich die Jugendlichen mit 14 mitten in der Pubertät: Die "alterstypischen Streitereien und Diskussionen" könnten deshalb reduziert sein, weil die Ganztagsschüler einen großen Teil des Tages außerhalb der elterlichen Kontrolle verbringen, Reibereien damit von vornherein vermieden werden und die Jugendlichen eine stärkere Autonomie erleben.

Keine Unterschiede bei Schulfreude

Keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zeigten sich bei der Bindung an Freunde und Gleichaltrige - ein "leichter Trend" deutete aber darauf hin, dass Ganztagsschüler über eine geringere Entfremdung berichteten. Sie wiesen auch eine höhere soziale Verträglichkeit auf und waren weniger introvertiert. In Sachen Schulfreude, Lesehäufigkeit, Freizeitverhalten und Einschätzung der Schulleistungen unterschieden sich Ganztags- und Halbtagsschüler dagegen nicht.

(APA)

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