Zu wenig Zeit für Politische Bildung in der Schule

(c) Die Presse (Fabry)
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Die meisten Lehrer halten Politische Bildung für wichtig, besagt eine Studie. 17 Prozent befürchten, dass eine objektive Gestaltung nicht möglich ist.

Ob Politische Bildung in der Volksschule und in der Mittelstufe vermittelt wird, ist einer Studie zufolge ein Glücksspiel. Mehr als die Hälfte der Lehrer in Wien hat nach eigenen Angaben wegen des umfassenden sonstigen Lehrplans keine Zeit für die Vermittlung dieses Unterrichtsprinzips. Das zeigt eine im Auftrag der Pädagogischen Hochschule Wien und der Arbeiterkammer erstellte Sora-Studie.

An der Erhebung, die am Donnerstag Nachmittag präsentiert wird, haben 476 Lehrer teilgenommen, davon 201 Volksschulpädagogen und 275 Lehrer der Sekundarstufe I. Politische Bildung ist kein eigenes Unterrichtsfach, sondern seit Ende der 1970er Jahre ein sogenanntes Unterrichtsprinzip in allen Gegenständen, Schultypen und Schulstufen. In den Hauptschulen/Neuen Mittelschulen/AHS-Unterstufen soll sie außerdem Teil des Fachs Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung sein.

Keine Ausbildung dafür

Über 80 Prozent der befragten Lehrer messen der Politischen Bildung in der Schule große Bedeutung zu. Rund die Hälfte der LehrerInnen hält sich selbst für die Politische Bildung ihrer Schüler verantwortlich
(Volksschule: 55 Prozent; Mittelstufe: 49 Prozent).

Ein Drittel der Pädagogen gab allerdings an, dass ihm die nötige Ausbildung in Sachen Politischer Bildung fehlt. Dementsprechend äußerten die Befragten den Wunsch nach mehr Unterrichtszeit für Politische Bildung und mehr Fort- und Weiterbildung in dem Bereich. Allerdings hat nur ein kleiner Bruchteil der Lehrer die bestehenden Angebote dafür genutzt.

Eigene Ideen, selbst gestaltetes Material

Die konkrete Ausgestaltung des Unterrichtsprinzips ist von den Lehrern oft selbstgestrickt: Mehr als die Hälfte der Lehrer in der Sekundarstufe I verlässt sich bei der Unterrichtsvorbereitung vor allem auf eigene Ideen bzw. selbstgestaltetes Material, etwas weniger als die Hälfte setzt auf Medien wie Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen, nur ein Drittel auf anerkannte Schulbücher.

Am wichtigsten ist es den Lehrern, die Fähigkeit zu vermitteln, gewaltfrei Konflikte zu lösen und sich selbst eine kritische fundierte Meinung zu bilden. Auch die Erziehung zu Toleranz und Gerechtigkeit hat einen wichtigen Stellenwert. Umgekehrt gelingt es den
Lehrern nur mäßig, die Mitgestaltung und Mitbestimmung des Unterrichts durch die Schüler zu fördern und schuldemokratische Prozesse zu begleiten.

Jeder Dritte unterrichtet häufig

Ein Teil der Lehrer nimmt das Unterrichtsprinzip durchaus ernst: Sogar in der Volksschule gibt jeder dritte Lehrer an, Politische Bildung häufig zu unterrichten. Weitere zwei Fünftel tun das manchmal. Ängste und Befürchtungen der Lehrer rund um Politische Bildung gibt es zwar, diese werden aber von einem eher kleineren Teil der Pädagogen geäußert: 17 Prozent der Volksschullehrer befürchten, dass es unmöglich sei, politische Bildung objektiv zu gestalten, ein Viertel hält sie für zu kompliziert und jeweils etwas mehr als ein Drittel hält die Kinder für zu jung bzw. hat Angst, dass es als Parteiwerbung in der Schule genützt werden könnte.

Die Arbeiterkammer fordert die rasche Umsetzung der im Regierungsprogramm angekündigten Pflichtmodule "Politische Bildung" im Geschichtsunterricht ab der Mittelstufe. Langfristig müsse es auch ein eigenes Fach geben. Für PH-Rektorin Ruth Petz zeigt die Studie, dass die Politische Bildung in den diversen Lehramtsstudien weiter verstärkt werden müsse.

(APA/Red.)

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