Eine schwarze Zelle im roten Wien: FCG-Lehrergewerkschafter nehmen Ministerin Heinisch-Hosek auf die Schaufel, für die FSG-Konkurrenz ist Schelling Reibebaum.
Wien. Er wirkt wie die jüngere Ausgabe von Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer: bullig, staubtrocken-sattelfest bis zum letzen Beistrich eines Schulgesetzes und knallhart, wenn es um „seine“ Lehrer geht. Paul Kimberger gilt nicht umsonst als Kandidat für die Nachfolge von Neugebauer 2016. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer aus Oberösterreich hat in Boulevardmedien wegen der Absage an Reformpläne der SPÖ schon viel Fett abbekommen. Er hat aber auch das Zeug zum Alleinunterhalter, der Zuhörer zum spöttischen Gelächter reizen kann. Neugebauer hört erste Reihe fußfrei amüsiert zu.
Beim Auftakt der schwarzen Wiener Lehrervertreter FCG/ÖAAB für die Personalvertretungswahl im Bundesdienst und bei den Landeslehrern am 26. November schafft Kimberger das am Mittwochabend in Wien-Landstraße locker. Er zieht Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) durch den Kakao. „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont“, dieses vom deutschen Ex-Kanzler Konrad Adenauer verwendete Philosophenzitat falle ihm ein, wenn er der Ministerin gegenübersitze. Angesichts „selbst ernannter Bildungsexperten“ und des Vorwurfs, Lehrer seien „faule Idioten“, frage er sich, „warum das Sprechen mit vollem Mund gesellschaftlich verpönt ist, das Sprechen mit leerem Kopf aber akzeptiert wird“.
„Nicht schlechtmachen“
Die hier versammelten bürgerlich-christlichen Lehrervertreter sind eine starke schwarze Zelle im roten Wien. Bei der Personalvertretungswahl 2009 hat die FCG-ÖAAB-Gruppe erstmals seit Jahrzehnten die Mehrheitsverhältnisse umgedreht und die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) bei den Wiener Pflichtschullehrern als stärkste Gruppierung verdrängt. Ex-Ministerin Claudia Schmied war dann für die FSG mit ihrem Plan, zwei Stunden länger zu unterrichten, die Sündengeiß. Gut 12.000 Pflichtschulpädagogen sind am 26. November in Wien zur Wahl aufgerufen.
Brachial-deftig werden die amtierende Ministerin, hämisch SPÖ-Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl sowie pauschal „Bildungsesoteriker, Sozialromantiker, Kompetenzfetischisten“ (Kimberger) beim FCG-Start aufs Korn genommen. Das endet donnernd: „Wir lassen uns unsere Lehrer nicht schlechtmachen!“ Schon zuvor hat Kimberger unter Beifall in den Saal gerufen: „Österreichs Lehrer sind die wahren Bildungsexperten der Nation.“ Oder, wie es der Wiener FCG-Spitzenkandidat Stephan Maresch zur hör- und sichtbaren Zufriedenheit der vielen Zuhörer ausdrückt: „Es wird versucht, aus der Zitrone Lehrerschaft mehr herauszuquetschen.“
Bei der roten Gegenkandidatin bei Wiens Pflichtschullehrern, Karin Medits-Steiner, klingt das Anliegen im „Presse“-Gespräch neutraler: „Mehr Vertrauen in unsere Lehrerinnen und Lehrer.“ Zu Ressortchefin Heinisch-Hosek sagt sie, diese spreche einige Dinge an, bei denen „noch viel Entwicklungsarbeit“ zu leisten sei, etwa Verbesserungen der Schuleingangsphase.
Als weiblicher Gewerkschaftsapparatschik will Medits-Steiner keinesfalls erscheinen. Sie sei in einer Neuen Mittelschule in Ottakring selbst dauernd mit Problemen von Schülern, Direktoren, die mehr Zeit für die pädagogische Leitung der Schulen haben müssten, und Eltern konfrontiert.
FSG sanfter als FCG
Die FCG setzt auf die Mobilisierung gegen Ministerin und Schulratspräsidentin. Frontmann Maresch hat Brandsteidl wegen „Willkür“ sogar das Duwort wieder entzogen. Seine FSG-Konkurrentin formuliert ein Hauptziel in positiver Form: Teamteaching, also Zweitlehrer in Volksschulklassen. Ihr Adressat für das nötige Geld ist ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling: „Bildung hat Vorrang – das gilt auch für den Finanzminister.“
Zur Person
Paul Kimberger (47) ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer und der Arge aller Lehrer in der Beamtengewerkschaft. Der frühere Milizoffizier kommt aus Oberösterreich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2014)