Studie: Lehrer klagen über „ständiges Bashing“

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Jeder fünfte Lehrer an berufsbildenden Schulen ist Burn-out-gefährdet. Die vielen Reformen seien mit schuld.

Wien. Die Gewerkschaft der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (etwa HTL, HAK) sorgt – verglichen mit den Kollegen an den AHS – eher selten für öffentliches Aufsehen. Doch nun, knapp eine Woche vor den Personalvertretungswahlen, melden sich auch die BMHS-Vertreter lautstark zu Wort. Ihre Klage: Die psychische Belastung der Lehrer sei zu hoch, das Burn-out-Risiko zu groß. Die Schuld dafür sehen sie dabei vor allem beim Bildungsministerium.

Den Beweis für diese Aussagen wollen die Gewerkschafter heute, Freitag, mit der Präsentation einer aktuellen Studie liefern. Die Ergebnisse der Umfrage unter rund 3000 Lehrern lagen der „Presse“ schon gestern vor. Es zeigt sich, dass sich knapp zwei Drittel der Lehrer „oft ausgelaugt und erschöpft“ fühlen. Fast ebenso viele sehen ihre Leistungsfähigkeit durch „Druck und Stress“ beeinträchtigt. Fast jeder fünfte Lehrer betrachtet sich zumindest als Burn-out-gefährdet.

Ein Stressfaktor ist die Arbeitsbelastung an sich. Acht von zehn Lehrern halten die „Fülle der Arbeit“ für „sehr groß“. Die individuellen Kommentare, die die Lehrer bei der Befragung abgeben konnten, zeigen dabei aber, dass es bei der Belastung große Unterschiede zwischen Schularbeits- und anderen Fächern gibt. So heißt es da: „Ich würde nie wieder ein Korrekturfach studieren – von einer 40-Stunden-Woche kann ich nur träumen.“ Die Gewerkschaft fühlt sich in ihrer Forderung nach mehr Unterstützungspersonal bestätigt.

Unter Stress werden die Lehrer aber vor allem auch durch die Reformen des Bildungsministeriums gesetzt. Drei von vier Lehrern beklagen das. Ein Lehrer formuliert es so: „Die größte Belastung ist es, aufgrund bildungspolitischer Veränderungen (Zentralmatura) den Unterricht gegen meine tiefste Überzeugung in eine Richtung ändern zu müssen, die ich für falsch halte.“ Ein anderer: „Stellt die Projektonitis ein und lasst uns in Ruhe arbeiten.“

Angesichts der Ergebnisse wünscht sich BMHS-Gewerkschafter Jürgen Rainer ein Qualitätsmanagement im Ministerium. „Nur so kann verhindert werden, dass unausgegorene und oft gegenläufige Ziele in den Schulen umgesetzt werden sollen.“ Da 71 Prozent der Lehrer die „Informationsüberflutung“ durch das Ministerium beklagen, fordert Rainer Veränderungen.

Mangelnde Wertschätzung

Die öffentliche Meinung setzt den Lehrern ebenso zu: „Es ist nicht der Unterricht, sondern die mangelnde Wertschätzung durch die Öffentlichkeit und die Politik, die belastet“, heißt es. Oder: „Das ständige Lehrerbashing setzt mir ziemlich zu.“ Doch auch Selbstkritik ist dabei: „Das ständige Rumgenörgel von Kollegen wirkt manchmal sehr demotivierend auf mich.“ (j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.