Reifeprüfung für die Zentralmatura

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) macht den verunsicherten Lehrern, Eltern und Schülern Zugeständnisse. Bis der Matura ein gutes Zeugnis ausgestellt werden kann, dauert es aber noch.

Wien. Es ist der Versuch der Beruhigung: Der Tag, an dem die Zentralmatura starte, werde ein guter werden, verspricht Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Die angeblich schlechten Ergebnisse bei einer Mathematikschularbeit zur Vorbereitung auf die Matura haben bei Schülern, Eltern und Lehrern für Verunsicherung gesorgt. „Alle Schüler werden ihre Klausurarbeit schreiben und gute Ergebnisse einfahren“, sagte die Ministerin im ORF-Hörfunk. Schon die Generalprobe im Mai habe gezeigt, „dass der Notenschnitt genau so war wie bei der alten Matura – und nicht schlechter“.

Gute Ergebnisse wünschen sich also nicht nur Schüler, Lehrer und Eltern, sondern auch die Politik. Immerhin steht mit der Zentralmatura eine der größten bildungspolitischen Reformen vor der Reifeprüfung. Gestern, Freitag, versuchte die Ministerin, die Betroffenen mit einem Zugeständnis zu kalmieren. Nach Kritik an der Kürzung der Vorbereitungsstunden für die mündliche Matura werden diese erweitert. Künftig soll auch die Zeit zwischen Notenkonferenz und dem Ende der achten Klasse zum Üben genützt werden.

Trotzdem bleibt einiges offen. „Die Presse“ hat der Zentralmatura ein erstes Zeugnis ausgestellt.

Idee. Note 1 – 2

Die Idee ist an sich eine gute: Eine vergleichbare Prüfung zum Schulabschluss ist nicht nur fairer und transparenter als die bisherige Maturapraxis, die mitunter mit Mauscheleien einherging. Zentrale Reifeprüfungen sind auch international längst üblich: In den meisten europäischen Ländern gibt es zum Schulabschluss irgendeine Art von einheitlicher Prüfung. Mehr noch: Auch die stets geforderte Schulautonomie verlangt nach einer gewissen Standardisierung. Woran sich die Geister scheiden, ist die Frage, ob wirklich der gesamte schriftliche Prüfungsteil zentral vorgegeben werden sollte – oder ob nicht eher lediglich die Basiskompetenzen geprüft werden sollen.

Kommunikation. Note 4

Der jüngste Streit um die gekürzten Vorbereitungsstunden ist symptomatisch: Wochenlang hat die Bildungsministerin Eltern und Schülern erklärt, dass ihre Sorgen unbegründet seien – um nach medialer Eskalation dann doch einzulenken. Wobei: In diesem Fall wurde immerhin kommuniziert. Anders als etwa bei dem geänderten Notenschlüssel der Englischmatura im Frühjahr, den das verantwortliche Bildungsinstitut BIFIE den Betroffenen nicht wirklich kommuniziert hat. Immerhin hat – mit erheblicher Verspätung – inzwischen die Bundesreifeprüfungskommission ihre Arbeit aufgenommen, in der Eltern, Lehrer und Schüler die Bildungsministerin beraten.

Rückhalt. Note 4 – 5

Inzwischen ist trotz des holprigen Verlaufs Eltern, Lehrern und Schülern klar, dass an der Zentralmatura wohl kein sinnvoller Weg mehr vorbeiführt. Was nicht bedeutet, dass sie sie mit Begeisterung erwarten. Tatsächlich haben es die Verantwortlichen über Jahre nicht geschafft, die Betroffenen ins Boot zu holen – bei einer Reform dieses Ausmaßes entscheidend. Schwere Patzer und Pannen verstärken die Aufregung: Schüler fühlen sich als Versuchskaninchen, Eltern fürchten um die Zukunft ihrer Kinder und manche Lehrer – die womöglich selbst unter Prüfungsangst leiden –, haben lang heftig gegen die Reform mobilisiert, statt sich konstruktiv einzubringen.

Ausgestaltung. Note 3

Selbst Befürworter einer zentralen Matura übten Kritik – und zwar an der konkreten Umsetzung. Im Fach Deutsch wurde moniert, dass die Literatur deutlich zu kurz komme. Hier zeigte sich das Ministerium am Freitag angeblich gesprächsbereit. In Mathematik stößt die Unterteilung in Grundkompetenzen und erweiterte Kompetenzen teils auf Unverständnis. Denn wer Erstere nicht besteht, dem nützt auch ein brillanter zweiter Teil nichts. In Englisch sorgte für Unmut, dass die Prozenthürde für ein Genügend je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgaben variierte. Hier wurde bereits eine Lösung gefunden.

Vorbereitung. Note 4

Die Vorbereitungen der Zentralmatura liefen nur schleppend an – und gingen zum Teil dilettantisch weiter: Lang gab es keine geeigneten Schulbücher, kein Unterrichtsmaterial und zu wenige bzw. widersprüchliche Informationen. Das führte dazu, dass der Start der Zentralmatura um ein Jahr verschoben wurde. Dass bei der Generalprobe im vergangenen Mai dann auch noch Fehler passierten – der peinlichste: in Mathematik fehlten Prüfungsbögen – erhärtete die Zweifel. Die angeblich teils schlechten Ergebnisse bei der jüngsten Mathematik-Modellschularbeit verunsicherten weiter.

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