Integration: Heinisch-Hosek will über Strafen diskutieren

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Eltern könnten sich ihrer Verantwortung „nicht ständig entziehen“, sagt die Bildungsministerin. Sie kann sich sogar Geldstrafen vorstellen.

Die Debatte um Integration und Schule geht weiter: Bei hartnäckiger Kontaktverweigerung mit der Schule durch Eltern kann sich Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in Extremfällen Verwaltungsstrafen vorstellen. Einen strafweisen Sozialdienst für vermeintlich integrationsunwillige Schüler lehnte sie bei einer Pressekonferenz am Montag aber ab.

Eltern könnten sich ihrer Verantwortung „nicht ständig entziehen“, so Heinisch-Hosek nach einem Expertengespräch zum Thema „Bildung gegen Extremismus“. In der Expertenrunde habe sich zwar keiner für die von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) jüngst ins Spiel gebrachten Strafen erwärmen können. „Ich denke, dass wir trotzdem darüber diskutieren müssen, wenn es partout nicht funktioniert“, sagte die Ministerin.

Ähnlich wie beim Schulschwänzen könne man hier theoretisch einen „weiteren Weg beschreiten“. Sie werde das Thema aber im Laufe der Woche mit den Schulpartnern besprechen. Seit vergangenem Schuljahr muss bei einer Schulpflichtverletzung ein bestimmtes Verfahren in Gang gesetzt werden. Wirken alle Maßnahmen – vom Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch bis zur Einbindung des Jugendamts – nicht, können Verwaltungsstrafen bis zu 440 Euro verhängt werden.

Was heißt „integrationsunwillig“?

Dass Schüler strafweise zum Ableisten von Sozialdienst in der Schule verpflichtet werden, kann sich Ministerin Heinisch-Hosek nicht vorstellen. Auch der Soziologe Kenan Güngör sieht das sehr kritisch: Man dürfe Schüler nicht in der Schule vorführen. Kurz hatte am Wochenende mehr Durchgriffsrechte für Lehrer gefordert. Sie sollten Schüler verpflichten können, „einen Dienst am Schulstandort zu leisten“.

Das Bildungsministerium wird 300 kostenlose Workshops für Schüler anbieten. Außerdem wird für alle angehenden Lehrer eine verpflichtende Lehrveranstaltung zum Thema Konfliktprävention, Interkulturalität und Persönlichkeitsbildung installiert. In Kooperation mit dem Innenministerium werden außerdem 50 Präventionsbeamte zur De-Radikalisierungsschulung eingesetzt. Und eventuell könnte es für die Schulen nach jahrelangem Warten auch mehr Psychologen und Sozialarbeiter geben.

Mit dem Terminus „integrationsunwillig“ haben sowohl Heinisch-Hosek als auch Güngör Probleme: Es sei nicht klar, was darunter zu verstehen sei. Man müsse zudem festhalten, dass es sich nur um sehr wenige Fälle handle, auf die eine solche, wie immer geartete Definition auch tatsächlich zutreffe. Güngor plädierte dafür, „die Kirche im Dorf zu lassen“. Der Soziologe zeigte sich verwundert, dass dem Thema in Österreich aktuell so viel Aufmerksamkeit geschenkt werde.

Mahrer: „Weggeschaut und schöngeredet“

Auch Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) kann sich als letzte Maßnahme im Bildungsbereich auch Sanktionen bei Integrationsunwilligkeit vorstellen. In den vergangenen Jahren habe man bei diesem Thema „weggeschaut und schöngeredet“, sagte Mahrer. „Niemand hat sich getraut, das zum Thema zu machen. Jetzt trauen sich Leute endlich zu sagen: 'Wir haben ein Problem'“, meinte der Staatssekretär.

„Im Sinne einer offenen Gesellschaft kann es nicht sein, dass wir Ghettobildungen zulassen oder Parallelgesellschaften bekommen.“ Er begrüße alle Maßnahmen im präventiven Bereich, etwa bei Aus- oder Weiterbildung der Lehrer oder zusätzliche Handlungsoptionen für Direktoren. „Aber das ist mir zu wenig.“ Als „letztes Resort“ brauche es wohl auch Sanktionen. „Das ist nichts Böses und muss auch letztes Mittel sein.“ Auf konkrete Maßnahmen wollte er sich nicht festlegen.

SPÖ-Landeschefs starteten Debatte

Nach einigen SPÖ-Politikern hatte am Wochenende auch ÖVP-Minister Sebastian Kurz laut über Sanktionen für Jugendliche nachgedacht, die mangelnden Willen zur Integration an den Tag legen. Zuvor hatten die roten Landeschefs Franz Voves und Hans Niessl gemeint, Integrationsverweigerung bestrafen zu wollen. Oberösterreichs SPÖ-Landesvorsitzender Reinhold Entholzer forderte einen Sozialdienst für Integrationsunwillige. Er ruderte aber zurück.

(APA/red./j.n.)

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