Jugendliche sehen Eltern kaum für Bildung verantwortlich

(c) Land NÖ/ J. Burchhart
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Schüler präsentierten im niederösterreichischen Landtag ihre Vorstellungen über Schule, Integration und Europäische Union.

St.Pölten. „Wer nichts weiß, muss alles glauben“: Und so räumten die Schüler des BORG Scheibbs vergangene Woche im niederösterreichischen Landtag gleich mit einigen Annahmen übers Gymnasium auf. Etwa, was die Gründe für die Schulwahl angeht. Statt humanistischer Bildung ginge es da bisweilen um ganz anderes: Freunde, die AHS als schnellster Weg zur Matura. Und nicht zuletzt „mangelnde Begeisterung für körperliche Arbeit“. Kein Wunder, dass die Burschen die Lacher auf ihrer Seite hatten – auch die der Landtagsabgeordneten, die an diesem Tag auf der Besuchergalerie saßen.

Auf ihren Stühlen hatten bei der nunmehr dritten Auflage von „Politik hört zu“ auf Einladung von ÖVP-Landtagspräsident Hans Penz – „Die Presse“ war Medienpartner – mehr als 200 niederösterreichische Schüler Platz genommen. Sie präsentierten ihre Vorstellungen zu den Themen Europa und Nationalismus, Migration und Integration sowie Schule. Nach jedem Block wurde abgestimmt – bei der Schule etwa über die Note, die Schüler ihren Lehrern geben würden. Einser und Fünfer hielten sich mit elf bzw. zehn Prozent die Waage. Tendenziell ging es in Richtung befriedigend (38Prozent) und gut (30).

Nur zwei Prozent waren der Meinung, dass Eltern und Familie für eine gute Bildung verantwortlich sind, die übrigen Schülerinnen und Schüler stimmten auf den elektronischen Abstimmungsgeräten des Landtags zu nahezu gleichen Teilen für Schüler und Lehrer. Ziemlich eindeutig die Antworten auf die Frage danach, was eine gute Schule vor allem leisten soll: Berufsvorbereitung (42Prozent) lag da weit vor Allgemeinbildung (33) und Wohlfühlen (17). Schülerinnen der BHAK Gänserndorf schilderten bei „Integration“, was in ihrer Heimatstadt für eine syrische Flüchtlingsfamilie getan wird und welche Ideen man da mitnehmen kann („Wohlwollen, teilweiser Schulbesuch, zweisprachige Unterstützung“).

Insgesamt sind die Schüler der Ansicht, dass Integration in Österreich eher schlecht bis sehr schlecht funktioniert. Was neben der Kenntnis des Deutschen besonders wichtig sei: gegenseitige Akzeptanz, Bereitschaft zur Anpassung und Bildung beziehungsweise Job.

Bundesland nicht so wichtig

„Wir sind die erste Generation, die mit der EU aufwächst. Wir wollen mehr Information über die EU, mehr Initiativen für Austauschprogramme – und insgesamt ein positiveres Bild von Europa“, hieß es dann zum Thema EU von den Schülerinnen des BRG Klosterneuburg. Wie wichtig die erste Forderung ist, zeigte sich in der folgenden Abstimmung: Mehr als 80Prozent der Schüler gaben an, über die EU nicht gut Bescheid zu wissen. „Das ist ein klarer Auftrag an die Bildungspolitik“, sagte der Politologe Peter Filzmaier, der vergangenen Mittwoch sozusagen als politischer Analyst vor Ort war.

Fast alle wünschen sich mehr Mitsprache in der EU. Wiewohl nur gut ein Viertel der Schüler der Meinung ist, dass die Europäische Union in Zukunft für sie wichtiger werden wird. Die meisten finden, dass Österreich für sie mehr Bedeutung haben wird. Was den Landtagsabgeordneten vielleicht nicht so gefallen hat: Nur sieben Prozent tippten aufs Bundesland. (beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2015)

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