Alle Macht den Schulen? Weg mit Regeln, her mit Konsequenzen

Themenbild
Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Das jüngste Papier schlägt viel Freiheit für die Schulen vor. Was sich ändern könnte, und wo Risken sind.

Wien. Eine Revolution – zumindest eine kleine: Anders kann man das jüngste Expertenpapier zur Schulverwaltung kaum bezeichnen. Auch wenn die Frage nach einer Verländerung darin dezent umschifft wird, an den Schulen könnte sich einiges ändern, sofern umgesetzt wird, was Landesschulräte und Experten erarbeitet haben. Die Schulen könnten selbst über Lehrplan, Gruppen und sogar Prämien entscheiden – und bei schlechten Leistungen könnte es Konsequenzen geben. Die wichtigsten Punkte auf dem Prüfstand.


Autonomie. Mehr Autonomie allein ist kein Garant für bessere Leistungen. Aber: Unter den Besten finden sich bei PISA tendenziell Länder mit viel Freiheit. Zentral ist aber, dass Direktoren auch zu Schulmanagern werden – damit die neue Freiheit nicht zur Bürde und die Autonomie nicht zum Chaos wird.


Lehrplan. Dass Schulen nicht nur Schwerpunkte setzen, sondern sogar bis zu einem Viertel vom üblichen Lehrplan abweichen dürfen, klingt drastisch. Die Gefahr, dass dann etwa Mathematik gestrichen wird, besteht aber kaum, jedenfalls nicht, wenn Mathematik in den Bundesbildungszielen steht.


Konsequenzen. Klingt paradox, ist aber zentral: Je mehr Freiheit Schulen haben, desto klarer müssen die Ziele sein, die der Bund vorgibt. Das sieht auch das Konzept vor. Inklusive Konsequenzen: Werden die Ziele, die mit Instrumenten wie den Bildungsstandards getestet werden, nicht erreicht, droht Direktoren oder Lehrern sogar die Kündigung.


Papierkram. Was die Organisation angeht – von Gruppengröße über Tagesablauf bis Noten –, könnte sogar die Hälfte der heutigen Regelungen gestrichen werden. Schulen könnten dann frei entscheiden, ob sie etwa jahrgangsübergreifend unterrichten, alternativ benoten oder den Unterricht blocken. Weniger Papierkram und mehr Flexibilität also. Auch für Familien: Statt der schulautonomen Tage hätten Schüler pro Jahr fünf freie Tage.


Budget. Auf den ersten Blick etwas ernüchternd: Der Teil des Schulbudgets, über den die Schulen laut dem aktuellen Konzept verfügen dürften, ist nach wie vor (sehr) klein. Allerdings: Wichtiger als finanzielle Autonomie ist Experten zufolge die beim Lehrplan.


Prämien. Dass Schulen ein eigenes Budget für Prämien haben sollen, ist spannend – und nicht ganz risikofrei. Einer US-Studie zufolge ist es jedenfalls schwierig, mit Prämien für Lehrer die Leistungen der Schüler nach oben zu treiben. Andererseits könnte so besonderes Engagement belohnt werden – was im derzeitigen starren System nicht möglich ist. Bleibt die Frage, wie transparent dieses Extrageld wirklich vergeben wird.

Lehrerauswahl. Wirklich aussuchen dürfen die Schulen ihre Lehrer nicht, wenn es nach dem Konzept geht. Die Lehrerauswahl soll im Einvernehmen mit der Schule getroffen werden. Das dürfte vielen zu wenig weit gehen. Manches spricht auch dafür, dass Lehrer sich nicht komplett frei bei Schulen bewerben und eingestellt werden: Gerade schwierige Schulen würden womöglich doppelt benachteiligt, weil sie für Lehrer nicht sonderlich attraktiv sind.


Geduld. Schnelle Effekte bringt dieses Konzept keine, bis zur vollständigen Umsetzung würde es zehn Jahre dauern. Auch dann wird sich bei einem solchen Kulturwandel manches erst einspielen müssen. Es gilt also: Laufend evaluieren, aber nicht gleich kippen, wenn die Erwartungen sich nicht binnen weniger Jahre erfüllen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schule

Schulautonomie: Grüne sehen im Papier echte Chance

Die Grünen bieten sich als Verhandlungspartner für die Umsetzung der teils "vorwärtsweisenden" Ideen des Reformpapiers an.
Schule

Schulverwaltung: Prämien für Lehrer, Urlaub für Schüler

Die Zuweisung von Ressourcen soll laut dem Expertenpapier künftig über Bildungsdirektionen der Bundesländer laufen.
Schule

Faymann sieht Verländerung der Lehrer als Möglichkeit

Von der SPÖ kommt kein kategorisches Nein zu einer Verländerung der Bundeslehrer mehr. War der Vorstoß von Erwin Pröll erfolgreich?
NIESSL
Bildung

Schulverwaltung: Länder vor Übernahme der Lehrer

Für die Länder könnte sich schon heute der Wunsch, mehr Macht über die Lehrer zu erhalten, erfüllen. Die SPÖ dürfte ihr Veto gegen eine Verländerung der Lehrer aufgeben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.