Gehälter: Lehrer stehen vor Kampfmaßnahmen

(c) Clemens Fabry
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Der Gehaltskonflikt um Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst spitzt sich zu. Regierung und Gewerkschaft suchten vergeblich eine Lösung. EU-Urteil betrifft auch 30.000 Eisenbahner.

Wien. Es geht um eine drohende Verschlechterung bei den Gehältern – und deswegen sind zigtausende Beamte und Vertragsbedienstete seit Wochen höchst alarmiert. Konkret dreht sich alles um die Anrechnung von Vordienstzeiten bei den Gehältern. Mittlerweile steht sogar ein Arbeitskampf mit dem Dienstgeber Bund bevor.

Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben im Jänner im Eilzugstempo und ohne vorherige Begutachtung eine Gesetzesreparatur im Parlament durchgeboxt. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Lösung im vergangenen Jahr gekippt. Zeitgleich mit dem Nationalratsbeschluss wurde auf Betreiben der ÖVP in einem Entschließungsantrag die Regierung zu Nachverhandlungen aufgefordert. Von der für die Beamten zuständigen Kanzleramtsstaatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) wurden prompt Gespräche zugesagt, um Einbußen zu vermeiden.

Nach rund einem Dutzend Verhandlungen auf Expertenebene gibt es allerdings keine Lösung. Jetzt verlieren die Beamtenvertreter die Geduld, weil sie das Gefühl haben, mit den Verhandlungen hingehalten zu werden. Nachdem der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer (ÖVP), schon den Druck auf die Staatssekretärin erhöht und mit Protestaktionen gedroht hat, sind Lehrervertreter einen Schritt weiter.

Frist läuft bis Ostern

Die Gewerkschaft der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit Vorsitzendem Jürgen Rainer hat einen Vorstandsbeschluss gewerkschaftlicher Kampfmaßnahmen gefasst. Entsprechende Informationen gab es in der Vorwoche an Lehrervertreter in den einzelnen Schulen. Dazu wird es nach Ostern, also ab der zweiten Aprilwoche, kommen, wenn die Verhandlungen bis dahin ergebnislos bleiben. Vorerst geht es nicht um Streik, sondern um Dienststellenversammlungen an Schulen, um die rund 22.000 Lehrer an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen zu informieren. Vereinfacht geht es darum, dass Beamte und Vertragsbedienstete um eine Gehaltsvorrückung umfallen, was sich in der Folge auf die Lebensverdienstsumme auswirkt. Vertreter der Richter und Staatsanwälte haben schon rund um den Nationalratsbeschluss im Jänner ihrem Unmut lautstark Luft gemacht.

SPÖ und ÖVP haben dennoch ohne die sonst übliche Einigung zwischen Beamtengewerkschaft und Staatssekretärin Steßl über eine Neuregelung zur Anrechnung der Vordienstzeiten den Eilbeschluss gefasst. Die Begründung: Es sollte Klarheit vor einer Flut an Anträgen von Bediensteten geschaffen werden, gleichzeitig sollten Belastungen allein für den Bund in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro abgewendet werden. Diese hätten sonst das Budget jedenfalls zusätzlich stark belastet und gesprengt.

Im Staatssekretariat wurde der „Presse“ am Montag bestätigt, dass die Verhandlungen bereits laufen. Steßl hatte zuvor mehrfach versichert, dass sie an einer Lösung interessiert sei, durch die Einbußen für die Mitarbeiter vermieden werden. Die ÖVP-dominierten Lehrervertreter setzen ihre Hoffnungen auch darauf, dass die Beamten bei den ÖBB betroffen sind.

Schützenhilfe auf SPÖ-Seite

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Erkenntnis im Jänner auch die Anrechnung der Vordienstzeiten bei den Eisenbahnerbeamten als diskriminierend aufgehoben. Bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) dürften insgesamt rund 30.000 Beamte betroffen sein.

Der Hintergrund: Die Eisenbahner sind traditionell eine tiefrote Klientel. Lehrer- und Beamtengewerkschafter rechnen daher mit mehr Aufmerksamkeit und Rückhalt in der SPÖ bis hinein ins Bundeskanzleramt, wenn die Eisenbahnergewerkschafter Druck machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2015)

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