Regierungsklausur: Schulmisere spitzt sich zu

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Die Regierung begeht ab heute in Krems ihre erste Klausur nach der Steuerreform-Einigung. Am Programm stehen die Pensionskosten und das Schulbudget.

Wien. Der Schlagabtausch zwischen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat im Vorfeld der am heutigen Montag beginnenden Regierungsklausur in Krems das Augenmerk stark auf die steigenden Pensionskosten gelenkt. Dabei hat sich hinter den Kulissen bereits seit Längerem das Schulbudget von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) zum Hauptproblemfall für die Koalition entwickelt.

Die Finanzlücke im Schulbereich hat sich schon jetzt auf rund 300 Millionen Euro vergrößert und wird in den kommenden Jahren ohne Gegenmaßnahmen deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro betragen. Gleichzeitig kommen Heinisch-Hosek und die Bundesregierung bei Sparplänen keinen Schritt weiter: Finanzminister Schelling hat die Unterrichtsministerin bisher mit ihrer Forderung nach mehr Geld abblitzen lassen. Verhandlungen mit den Ländern über Reformen laufen bereits seit dem Juni des Vorjahres – und seit dem heurigen Jahr neuerlich in einer eigenen Bund-Länder-Reformkommission. Ergebnis bisher: keines.

Bei der Regierungsklausur wird nun zwei Tage lang versucht, das mit einem Terminplan für Neuerungen im Bildungswesen zu kaschieren. SPÖ und ÖVP bauen dabei vor allem auch mangels Einigkeit in anderen Punkten ganz auf den Ausbau der Autonomie der einzelnen Schulen, die akute Budgetmisere soll hingegen möglichst ausgeblendet bleiben. Nach Informationen der „Presse“ klafft heuer ein Finanzloch von etwas mehr als 300 Millionen Euro, im kommenden Jahr sind es 400 Millionen und 2017 dann bereits rund eine halbe Milliarde Euro, die fehlen. In den beiden kommenden Jahren werden es sogar noch mehr sein. Denn die jährliche Anhebung der Beamten- und Lehrergehälter ist in diesen Zahlen noch gar nicht eingerechnet, macht aber bei mehr als 100.000 Lehrern zumindest einen hohen zweistelligen Millionenbetrag aus. An eine Nulllohnrunde für die Beamten, deren Gehälter zuletzt mit Anfang März dieses Jahres erhöht wurden, ist im kommenden Jahr zumindest im SPÖ-Regierungsteam nicht gedacht.

Für Finanzminister Schelling ist Bildungsministerin Heinisch-Hosek bei der Umsetzung von Einsparungen bei den Personalkosten, die gut 90 Prozent des Unterrichtsbudgets von acht Milliarden Euro ausmachen, säumig. Gespräche über die Budgetmisere und Sparpläne sind im Hinblick auf die Einhaltung des Budgetpfads der Regierung, der im Frühjahr vom Nationalrat bis 2019 verlängert werden muss, unausweichlich.

Schwarzen Peter weitergegeben

Bei den Schulreformen ist zwar vor dem Sommer jedenfalls noch eine weitere große Verhandlungsrunde vorgesehen. Aber die Klärung der Frage, wer die Kompetenz für die Bundeslehrer künftig tragen soll, ist zuletzt bereits wieder aufgeschoben worden. Es geht dabei auch darum, wer für die Lehrerkosten und -bezahlung verantwortlich ist. Vor dem Hintergrund der akuten Finanznot im Unterrichtsbereich sind inzwischen Schuldirektoren und Lehrervertreter mit Blick auf die von SPÖ und ÖVP angekündigte Ausweitung der Schulautonomie höchst alarmiert. Die Betroffenen fürchten nämlich, dass ihnen damit einfach der Schwarze Peter bei den Finanzen zugespielt wird.

Die Schulen hätten dann, so heißt es, zwar auf dem Papier auch mehr finanzielle Autonomie sowie bei Schwerpunktsetzungen im Unterricht. Das Budgetproblem werde damit aber einfach auf die Schuldirektoren abgewälzt. Diese müssten mit den beschränkten Budgetmitteln auskommen, sie hätten zwar mehr Einfluss bei der Einstellung der Lehrer, müssten aber in Wirklichkeit mangels Geldes Lehrerposten einsparen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)

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