Dass Maturaaufgaben vorab im Internet auftauchen, wäre der schlimmstmögliche Fall. In einigen Ländern ist das schon passiert. Verschlüsselung und Geheimhaltung sollen in Österreich die Sicherheit garantieren.
Wien. Einige Malheurs sind bei der neuen Matura ja bisher schon passiert – von fehlenden Prüfungsbögen in Mathematik bis zu einem Text mit NS-Bezug in Deutsch –, der Worst Case blieb allerdings bisher aus: Bis dato sind noch nie zentrale Maturaaufgaben in die falschen Hände und von dort womöglich ins Internet gelangt. In mehreren anderen Ländern mit (teil)zentralen Reifeprüfungen ist das schon eingetreten.
In Polen etwa mussten vor elf Jahren 14.000 Schüler die schriftlichen Prüfungen in Polnisch und Geschichte wiederholen, weil die Angaben im Netz aufgetaucht waren. In Ungarn landeten im Jahr darauf die Aufgabenstellungen für Mathematik und Geschichte im Internet, in Italien war der Cicero-Text für die Lateinprüfung im Jahr 2002 bereits vor der zentralen Prüfung im Internet zu finden. Besonders brisant: In Italien wurde das Leck sogar im Unterrichtsministerium oder in der Staatsdruckerei selbst vermutet.
Stellt sich die Frage, wie sicher die österreichische Zentralmatura ist. Kann man garantieren, dass in Österreich – anders als in Polen, Ungarn oder Italien – keine Aufgaben im Internet landen? „Wir tun alles Menschenmögliche, damit die neue Reifeprüfung planmäßig über die Bühne geht“, sagt Jürgen Horschinegg, Chef des verantwortlichen Bundesinstituts für Bildungsforschung (BIFIE) gegenüber der „Presse“. „Uns geht es um ein Höchstmaß an Sicherheit und Zuverlässigkeit für Schüler, Lehrer und Eltern.“ Das BIFIE habe seine Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem TÜV Austria „umfassend überprüft und erweitert“, heißt es.
„Geheimhaltung ist zentral“
Konkret beginne das bei einer Reihe von Kontrollen und Checks bei der Bestellung der Aufgabenpakete durch die Schulen. So soll sichergestellt werden, dass wirklich jede Schule und jede Klasse die richtigen Klausurangaben in der richtigen Zahl bekommt. Abgesehen davon „spielt der Aspekt der Geheimhaltung eine zentrale Rolle bei der Planung“, heißt es. „Um sicherzugehen, dass die Aufgaben während des gesamten Prozesses geheim bleiben, hat das BIFIE auf unterschiedlichen Ebenen Vorkehrungen getroffen.“ Dazu gehört beispielsweise, dass die Daten mehrfach verschlüsselt sind – mit „Verfahren, die technologisch höchsten Anforderungen entsprechen“.
Dazu kommt, dass der Kreis an Eingeweihten immer kleiner wird. Während an der Entwicklung der Aufgaben noch eine größere Personengruppe beteiligt ist – etwa Lehrer, Fachdidaktiker und Testtheoretiker –, erfolgt die Zusammenstellung der tatsächlichen Prüfungspakete durch einen „deutlich kleineren Personenkreis, eine Handvoll Personen“. Jeder von ihnen muss eine Geheimhaltungsklausel unterschreiben.
Sicherheitstransport
Einmal gedruckt – auch die Druckerei ist geheim – werden die insgesamt 180.000 Aufgabenhefte, die an 427 Schulen gehen, bis Ende April in „versiegelten Kuverts“ mittels „Sicherheitstransport“ der Post Wertlogistik an „eine dazu berechtigte Person“ an der Schule zugestellt. Damit endet die Zuständigkeit des BIFIE – ab da muss jede Schule dafür Sorge tragen, dass die Aufgaben sicher verwahrt sind. Geöffnet werden die Kuverts erst bei der schriftlichen Prüfung.
Am Ende landen die Klausuren der Zentralmatura aber auf jeden Fall im Internet: Am Tag nach der jeweiligen Prüfung werden die Aufgaben veröffentlicht. Auch die Lösungen kommen übrigens ins Internet – aber frühestens nach den Notenkonferenzen. (beba/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2015)