Pro: Warum Lehrer mehr arbeiten sollten

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreichs Pädagogen haben im internationalen Vergleich erwiesenermaßen eine geringe Unterrichtsverpflichtung. Außerdem machen sie schon jetzt gern Überstunden.

Die Debatte um die Lehrer-Arbeitszeit ist wieder voll entbrannt. Was spricht dafür, dass Lehrer mehr arbeiten sollten?

Österreichs Lehrer unterrichten weniger als ihre internationalen Kollegen.

Die Zahlen der OECD belegen es immer wieder: Österreichs Lehrer unterrichten verglichen mit ihren Kollegen im Ausland wenig. Während Pädagogen in der Sekundarstufe eins (also in Haupt- und Neuen Mittelschulen) OECD-weit 694 Stunden pro Jahr unterrichten (siehe Grafik), sind es in Österreich lediglich 607 Stunden.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Sekundarstufe zwei (AHS-Oberstufe und berufsbildende mittlere und höhere Schulen). Im Schnitt widmen sich Pädagogen in anderen OECD-Ländern in diesem Bereich 655 Stunden dem Unterricht. In Österreich sind es 589 Stunden. Lediglich Österreichs Volksschullehrer sind ähnlich lange in der Klasse wie ihre internationalen Kollegen.

Zu Überstunden sind die Lehrer schon jetzt gern bereit.

Es ist nicht so, dass mehr Unterrichtsstunden für die Lehrer völlig tabu sind: Laut Rechnungshof machen Bundeslehrer – also die an Gymnasien und BMHS – teils massiv Überstunden. 2011 machten diese knapp 40.000Lehrer angesichts der Personalnot – Stichwort Lehrermangel – umgerechnet die Arbeit von 5200 weiteren Lehrern mit. Im Schnitt unterrichtete jeder Lehrer also drei bis fünf Stunden mehr pro Woche. Gegen Bezahlung, natürlich. Oberösterreichs Landesschulratspräsident, Fritz Enzenhofer (ÖVP), meinte damals sogar: Gut qualifizierte Lehrer kämen nur mit Überstunden auf ein angemessenes Gehalt. Für den Rechnungshof war jedenfalls klar: Die Praxis zeige, dass die Bundeslehrer sehr wohl zu mehr Unterricht bereit seien.

Wenn es im neuen Dienstrecht möglich ist – warum nicht jetzt?

Lehrern vorzuschreiben, zwei Stunden pro Woche mehr zu unterrichten, ist keineswegs ein unrealistischer Wunsch der Regierung. Es ist teilweise schon Realität. Ende 2013 boxte die Regierung nämlich ein neues Dienstrecht gegen den Willen der Gewerkschaft durch. Das sieht eine höhere Unterrichtsverpflichtung vor. Die Kernarbeitszeit wurde mit 24 Stunden festgelegt. Weniger dürfen nur Pädagogen unterrichten, die zusätzliche Aufgaben übernehmen. So sparen sich Klassenvorstände (de facto alle Volksschullehrer), Mentoren und Beratungslehrer bis zu zwei Stunden. Dieses neue Dienstrecht, das als Zuckerl höhere Einstiegsgehälter vorsieht, gilt aber nicht für bereits im System befindliche Lehrer. Es ist für die Nachkommenden vorgesehen. Die dürfen noch bis 2019 zwischen altem und neuem Dienstrecht wählen. Bleibt die Frage, warum jungen Lehrern, die ob der fehlenden Erfahrung wesentlich länger für die Vor- und Nachbereitung ihrer Stunden brauchen, eine höhere Unterrichtsverpflichtung zumutbar ist als den erfahrenen?

Im Bildungsressort gibt es kaum anderes Einsparpotenzial.

Wenn die Bildungsministerin, Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), wirklich sparen muss, bleiben wenig andere Möglichkeiten, als auf irgendeine Art und Weise die Lehrerkosten anzutasten. In ihrem Ressort hat sie so gut wie keine Umschichtungsmöglichkeiten. Der Großteil der knapp acht Milliarden Euro pro Jahr ist durch Fixkosten gebunden. Mehr als 80Prozent fließen in Lehrergehälter. Andere Optionen wären etwa Stundenkürzungen, größere Klassen oder mehr Budgetdisziplin der Länder. Mit Letzterem holte sich Heinisch-Hosek aber schon einmal eine Abfuhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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Kommentare

Lehrerbashing – das war's?

Michael Häupl hat es – schlecht verstandener Scherz hin oder her – geschafft:

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