Kontra: Warum Lehrer nicht mehr arbeiten sollten

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Die Lehrer arbeiten ohnehin schon viel – auch, weil es in den Schulen an Unterstützungspersonal fehlt. Pädagogen sind jetzt schon häufig ausgebrannt und gehen krankheitshalber in Frühpension.

Die Debatte um die Lehrer-Arbeitszeit ist wieder voll entbrannt. Was spricht dafür, dass Lehrer nicht mehr arbeiten sollten?

Auch bei weniger Unterricht ist die Gesamtarbeitszeit der Lehrer jetzt schon hoch.

Betrachtet man nicht die Unterrichtsstunden, sondern die gesamte Arbeitszeit, so stehen die österreichischen Lehrer international nicht so schlecht da: Die Pflichtschullehrer arbeiten demnach pro Jahr 1776 Stunden – und damit 127 bis 184 Stunden mehr als ihre Lehrerkollegen im OECD- bzw. EU-Schnitt (siehe Grafik). Bei den AHS- und BMHS-Lehrern gibt es keine definierte Jahresnorm und daher keinen solchen internationalen Vergleich.

Klar ist aber: Die österreichischen Pädagogen übernehmen generell viele Aufgaben, die abseits des Unterrichts liegen, von administrativen bis zu sozialarbeiterischen Tätigkeiten – und zwar auch bzw. vor allem, weil es an Unterstützungspersonal fehlt. In kaum einem anderen Land gibt es an den Schulen so wenige Hilfskräfte wie in Österreich. Ein Beispiel: Hierzulande kommt auf 29 Lehrer eine pädagogische Stützkraft, im OECD-Schnitt ist das Verhältnis 1:16. Die Lehrergewerkschaft fordert daher schon seit Langem 13.000 zusätzliche Hilfskräfte. Was von der Bildungsministerin bisher aber stets als illusorisch abgetan wurde.

Schon jetzt sind viele Lehrer ausgebrannt und gehen daher in Frühpension.

Lehrer gehören zu einer Berufsgruppe, die ohnehin besonders Burn-out-gefährdet ist, wie Studien zeigen. Und viele bringt die Arbeitsbelastung durch den Job bereits jetzt an ihre Grenzen. Darauf deutet auch ein aktueller Rohbericht des Rechnungshofs hin: Von 2008 bis 2013 gingen je nach Bundesland elf bis 22Prozent der Landeslehrer wegen Dienstunfähigkeit in Frühpension – meistens wegen psychiatrischer Erkrankungen. Bei den Bundeslehrern war das im selben Zeitraum jeder zehnte Lehrer. Der Rechnungshof empfiehlt daher zumindest für die älteren Pädagogen keine höhere, sondern – ganz im Gegenteil – eine geringere Unterrichtsverpflichtung. So könnten die Lehrer länger im Job gehalten werden.

Viele angehende Lehrer würden plötzlich ohne einen Lehrerjob dastehen.

Für all jene, die den Lehrerberuf anstreben, könnten zusätzliche Unterrichtsstunden tatsächlich zum Problem werden: Die Gewerkschaft argumentiert damit, dass 12.000 Lehrerstellen wegfallen würden. Denn die rund 360 Millionen Euro an Einsparungen durch zwei Extrastunden für alle Lehrer würden unter anderem dadurch zustande kommen, dass Stellen nicht nachbesetzt werden. Treffen würde das vor allem die angehenden Lehrer. Gerade in den vergangenen Jahren boomten aber die Lehramtsstudien enorm – auch, weil stets vom Lehrermangel die Rede war und sichere Jobs zu winken schienen.

Um zukunftsfit zu werden, sollte nicht im Bildungsbereich gespart werden.

Theoretisch könnte die Regierung die Budgetvorgaben überdenken, wie das ja auch ÖGB-Chef Erich Foglar fordert. Immerhin wird von allen Seiten beteuert, wie zentral die Bildung für die Zukunft des Landes sei. Viele sind der Meinung, dass es kontraproduktiv sei, in diesem Bereich zu sparen, statt sich das Geld – Stichwort Vorbeugen statt Reparieren – aus anderen Ressorts zu holen. Derzeit sieht es aber nicht danach aus, dass Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bereit ist, für die rund 340 Millionen Euro große Budgetlücke im Bildungsministerium einzuspringen. Andere Ressorts auch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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Kommentare

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Michael Häupl hat es – schlecht verstandener Scherz hin oder her – geschafft:

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