Toni Innauer: "Leistung ist nicht für alle Schüler uncool"

Toni Innauer.
Toni Innauer.(c) Gepa (Oliver Lerch)
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Ex-Skispringer Toni Innauer darüber, was uns die Zivilisation „einbrockt“, was Turnunterricht bringen sollte und über seine Jahre als Lehrer.

Die Presse: Sie sind ausgebildeter Lehrer und haben auch zwei Jahre unterrichtet: Mussten Ihre Schüler in den Psychologiestunden still sitzen?

Toni Innauer: Eher schon, ja. Ich habe aber auch Turnen unterrichtet: da natürlich nicht.

Fehlen an unseren Schulen Möglichkeiten für Bewegung?

Ich würde sagen: Das kommt doch etwas zu kurz. Vor allem, weil sich das außerschulische Umfeld dramatisch zuungunsten der Bewegung verändert hat. Der Körper bekommt zu wenig Reize für das, wofür er eigentlich programmiert ist.

Was muss die Schule da machen?

Die Schule kann natürlich nicht alles ausgleichen, was die sonstige Zivilisation uns da einbrockt. Aber sie kann einen Teil dazu beitragen. Natürlich bin ich ein Befürworter dessen, dass man sich täglich in der Schule bewegen sollte.

Ab Herbst gibt es eine abgespeckte Version der täglichen Turnstunde. Was halten Sie davon?

Das kommt immer darauf an, was man daraus macht. Entscheidend ist – und das sieht man ja inzwischen in der Schuldiskussion generell so – der Lehrer, die Lehrerin.

Begonnen hat die Debatte ja mit dem schlechten Abschneiden bei Olympia. Sind die Schulen wirklich für die Medaillen zuständig?

Das denke ich nicht. Aber eine tägliche Bewegungseinheit schafft zumindest eine gemeinsame Basis. Und sie führt vielleicht dazu, dass manche Kinder früh eine Neigung entdecken, die sie sonst nicht entdecken würden.

Müsste man dafür nicht Sportvereine stärker einbinden?

Die Modelle gibt es ja in Sportschulen. In normalen Schulen ist das nicht so einfach zu organisieren. Und Pädagogen, die ein breites Spektrum abdecken, kann ich wieder relativ schwer von den Vereinen kriegen.

Was sollte denn beim Turnen in der Schule eigentlich passieren, was sollten Schüler mitnehmen?

Im Idealfall sollten Schüler Sport als Teil ihres Lebens mitnehmen. Sodass sie vielleicht später Lust haben, weiterhin Sport zu treiben. Dann hat der Schulunterricht etwas vermittelt. Das ist ganz ähnlich wie beim Musikunterricht.

Was haben Schule und Sport gemeinsam?

Es geht um einen Lernprozess, um Beziehungen zwischen Menschen, in denen jemand etwas kann oder den anderen motiviert, etwas zu lernen, sich zu entwickeln. Seine Talente zu entwickeln, seine Stärken kennenzulernen. Wie man mit Fehlern umgeht, oder mit außergewöhnlichen Leistungen.

Wie kann man das in die Schule übertragen?

Man lernt dann Grundprinzipien. Die man auf andere Bereiche des Lebens oder in der Schule anwenden kann: etwa dass sich Anstrengung lohnt und dass mir das dann tatsächlich Spaß machen kann.

Leistung ist im Sport positiv besetzt – in der Schule für viele jedoch eher uncool.

Das ist nicht für alle uncool. Es gibt sehr wohl Schüler, die sich freuen, wenn anerkannt wird, wenn sie etwas gut können, dass sie etwas gelernt haben. Und das ist ein Prinzip, das man auch braucht: dass man Leistung anerkennt, aber keinen Terror daraus macht.

Fehlt Ihnen eigentlich die pädagogische Arbeit – als Lehrer, als Trainer?

Schon ein bisschen. Ich war kurz, aber wirklich sehr gern Lehrer. Ich merke auch heute bei Vorträgen und Workshops, dass ich von meiner Lehrerausbildung profitiere.

Vor dem Hintergrund der aktuellen hitzigen Debatten: Wären Sie heute gern noch mal Lehrer?

Ich habe ziemlichen Respekt vor den Lehrern. Sie haben einen sehr schwierigen Stand und werden oft ungerecht beurteilt. Man verwechselt auch häufig die Lehrer und die Lehrergewerkschaft. (beba)

ZUR PERSON

Toni Innauer (57) ist ein früherer Skispringer und Skisprungtrainer. Nach seiner Sportlerkarriere studierte er Lehramt (Sport und Philosophie/Psychologie) und unterrichtete zwei Jahre am Schigymnasium Stams. Bei der Tagung „Schule grenzenlos“ des OEAD sprach er gestern über Schule und Sport. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2015)

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