Doppeltes Zeugnis: Der tiefe Fall eines Schuldirektors

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Er habe ein falsches Zeugnis ausgestellt, so der Vorwurf gegen einen Schulleiter. Wie ein Wahlpflichtgegenstand eine Karriere beenden kann.

Der Direktor eines katholischen Privatgymnasiums am Rande Wiens war nicht nicht einmal eineinhalb Jahre im Amt, als er Ende April gekündigt wurde. Um den Grund gab es wilde Spekulationen. Die Vorstandsvorsitzende des Schulvereins, Schwester Maria Elisabeth Göttlicher, stellt gegenüber der "Presse" klar: "Er hat ein falsches Zeugnis ausgestellt. Das war der Grund und sonst nichts".

Zu wenig Stunden für Informatik-Matura

Demnach hatte vor zwei Jahren ein Schüler, als er in der sechsten Klasse war, den Wahlpflicht-Gegenstand Informatik zwar besucht, war aber nicht angemeldet. In den darauf folgenden Jahren war er angemeldet, doch dies reichte nicht, um zur mündlichen Matura in diesem Fach antreten zu können: Dafür hätte der Schüler, dem von allen Seiten äußerstes Können in Informatik beschieden wird, für alle drei Jahre den Beleg von zwei Stunden gebraucht.

Damit der Schüler hier keine Probleme haben sollte, fertigte der Direktor also ein Duplikat des Zeugnisses der sechsten Klasse aus, wie Schwester Maria Elisabeth Göttlicher sagt. Die Vorsitzende zweifelt nicht daran, dass der Schüler die Inhalte dieses Fachs beherrscht. Sie ist sich auch sicher, dass der Direktor sich nicht bestechen ließ. Aber einige Schüler hätten über das Zeugnis getuschelt und ihre Eltern nachgefragt, was los sei. Es gehe immerhin um gefälschte Dokumente, so die Schwester. Sie könne das nicht befürworten. So wurde der Direktor Ende April gekündigt.

Staatsanwaltschaft am Zug

Und damit wurde die Causa dem Wiener Stadtschulrat übermittelt, der die Staatsanwaltschaft verständigte. Diese ist nun am Zug. Und die Frage, ob der Schüler tatsächlich an der Übung in der sechsten Klasse (mehr oder weniger regulär) teilnahm oder sie nur sporadisch besuchte, dürfte dabei auch eine Rolle spielen.

Der Direktor dürfte in dem Gefühl gehandelt haben, niemandem Schaden zuzufügen und einem begabten Schüler weiterzuhelfen. Er überschätze aber wohl seine eigene Position, seine Macht, seine Befugnisse. Auch wenn "nur" der Vorwurf der Dokumentenfälschung im Fall des Informatik-Unterrichts richtig ist, bleibt es doch ein Strafbestand. Anlässlich dieses Falles kann man sich aber fragen: Inwiefern hätte es eine legale Möglichkeit gegeben, dem Schüler weiterzuhelfen?

Nervenzusammenbruch nach Berichten

Nun sollte der Ex-Direktor eigentlich wieder als Lehrer arbeiten - denn die Kündigung bezieht sich nur auf seine Tätigkeit als Schulleiter. Der Stadtschulrat hat ihn einem öffentlichen Gymnasium zugeteilt. Allein: Seit einer knappen Woche ist er wegen eines Nervenzusammenbruchs im Krankenstand.

"Eine Hinrichtung" seien die Medienberichte gewesen, sagt er gegenüber der "Presse". Er selbst könne sich wegen der Amtsverschwiegenheit nicht äußern, müsse sich Vorwürfe von verkauften Schulplätzen bis zur Abzweigung von Schulgeldern gefallen lassen. "Allen Eltern, die mir schreiben, muss ich antworten, dass ich nichts sagen darf", sagt der nunmehrige Lehrer. "Meine psychische Energie ist aufgebraucht."

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