Zentralmatura: Jede Schule wird einzeln überprüft

(c) Stanislav Jenis
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Grundsätzlich fiel die Zentralmatura – auch in Mathematik – relativ gut aus. Doch die Ergebnisse unterscheiden sich stark nach Standort, Bundesland und Geschlecht.

Wien. Eine zufriedene Bildungsministerin sieht man hierzulande nur selten. Doch als sich Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) gestern, Mittwoch, den Fragen der Journalisten stellte, hatte sie ein breites Lächeln auf den Lippen. Sie freute sich über die vorläufigen Ergebnisse der Zentralmatura – die fielen prinzipiell ganz nach ihrem Geschmack aus.

1. Die Ergebnisse sind etwas besser als bei der alten Reifeprüfung.

Die Deutschmatura fiel den Schülern am leichtesten. Nur 3,3 Prozent waren negativ (siehe Grafik). Ähnlich gut lief es in Englisch. Mathematik hat hingegen seinem Ruf als schwierigstes Maturafach alle Ehre gemacht: Es fiel jeder Zehnte durch. Konkret schafften in Mathematik zwölf Prozent der Schüler ein Sehr Gut, 23 Prozent ein Gut, 36 Prozent ein Befriedigend und 19 Prozent ein Genügend. Im Vergleich zur alten Matura dürfte die Durchfallquote heuer damit etwas niedriger sein. Wobei der Vergleich nicht ganz seriös ist: Bisher gab es nämlich keine Statistik über die schriftliche Matura (es gab nur die Gesamtnoten). Außerdem bezieht sich das vorläufige Ergebnis nur auf eine Rücklaufquote von 96 Prozent.

2. Oberösterreich ist an der Spitze. Vorarlberg hat Aufholbedarf.

Nicht für alle Bundesländer sind die Ergebnisse erfreulich. Besonders in Mathematik gibt es nämlich große Leistungsunterschiede. Am besten ist Oberösterreich. Nur 6,3 Prozent der Maturanten waren hier negativ. Beim Schlusslicht Vorarlberg war die Durchfallquote mit 15,3 Prozent mehr als doppelt so hoch. Dort vermutet man, dass die vielen, häufig schwächeren Oberstufenrealgymnasien (ORG) den Schnitt gedrückt haben. Diese starten ja erst in der neunten Schulstufe und müssen daher mit einer heterogenen – aus Haupt- und AHS-Schülern zusammengewürfelten – Klasse arbeiten. Außerdem sei der Migrantenanteil in Vorarlbergs AHS ein vergleichsweise hoher – und Deutschkenntnisse bei den textlastigen Mathematikaufgaben durchaus entscheidend. Diese Verteidigungslinie könnte auch Wien – wo 14,2 Prozent durchfielen – für sich beanspruchen. Außerdem strömen in Wien deutlich mehr Schüler ins Gymnasium als anderswo.

3. Die Mädchen haben ein Problem in Mathematik.

Auffallend ist in Mathematik auch der Unterschied zwischen den Geschlechtern. Mädchen sind deutlich häufiger negativ (12,6 Prozent) als Buben (7,6 Prozent). Das führt dazu, dass in Vorarlberg fast jedes fünfte Mädchen ein Nicht Genügend hat, aber nicht einmal jeder elfte Bub. „Leider nichts Neues“, kommentiert die Ministerin. Man arbeite daran, die Geschlechterkluft zu verkleinern, das dauere seine Zeit.

4. Für manche Schulen ist es ein Desaster, für andere ein Geschenk.

Auch bei den Schulen selbst gibt es Ausreißer nach oben und unten. Die Ministerin wollte Nachrichten, wonach es etwa in Wien an einzelnen Schulen angeblich „Fünfer hagelt“, zwar nicht bestätigen, und die Schulen selbst durften keine Details verraten, aber schon die Landesschulräte deuteten zuletzt an, dass die Leistungen durchaus sehr unterschiedlich sind. So soll es Schulen mit so gut wie keinen Nicht Genügend geben – und andere, in denen sehr viele Maturanten negativ abgeschnitten haben.

5. Es wird keine große Reform geben, aber kleinere Adaptierungen.

Die Bildungsministerin ist mit den Ergebnissen – auch in Mathematik– jedenfalls grundsätzlich zufrieden. Die Streuung der Noten sei optimal. So hielten sich in Mathematik Einser und Fünfer in etwa die Waage. Deshalb sieht Heinisch-Hosek keine Notwendigkeit für große Änderungen bei den Aufgaben. Lediglich in Deutsch wolle man überlegen, ob der Literatur doch wieder ein größerer Stellenwert zukommen sollte. Ansonsten dürften die Ergebnisse der Zentralmatura aber keinesfalls ohne jegliche Konsequenz bleiben. Die Ministerin versprach, dass sich die zuständigen Schulbehörden der Länder die Ergebnisse Schule für Schule und Klasse für Klasse ansehen. Sollte es auffällige Ergebnisse geben, dann müssten entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Welche das sein könnten und inwieweit ein schlechtes Abschneiden einer Klasse auch auf einzelne Lehrer zurückfallen könnte, ließ die Ministerin aber noch offen. So lange die Matura im Laufen sei, sei es fehl am Platz, schon auf Fehlersuche zu gehen.

6. Das zuständige Bildungsinstitut BIFIE wird einer Reform unterzogen.

Eine (indirekte) Veränderung könnte es für die Zentralmatura aber schon bald geben: Das Bildungsinstitut BIFIE, das bisher für die Matura zuständig war, könnte diese Aufgabe wieder an das Bildungsministerium abgeben (müssen). Das ließ die Ministerin schon Ende des Jahres anklingen. Die entsprechende Reform soll nun bald kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

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