Industrie kritisiert "reine Erfüllung der Schulpflicht"

(c) Die Presse (Fabry)
  • Drucken

Das "Poly" soll ein Bestandteil der Berufsschule werden, fordert die Industriellenvereinigung. Bei den BMS müsse man schauen, welche sinnvoll seien und welche nicht.

Wie gut ist das Bildungssystem für Jugendliche ab 14 Jahre? Die Industriellenvereinigung (IV) ortet hier vor allem bei den berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) und Polytechnischen Schulen Handlungsbedarf. Gerade im "Poly" gehe es mancherorts nur darum, die "Schulpflicht abzusitzen", so IV-Präsident Georg Kapsch am Donnerstag. Das Feld der BMS brauche eine Gesamtevaluation.

"Poly" in der derzeitigen Form abschaffen

Das Problem der reinen Erfüllung der Schulpflicht in der 9. Schulstufe betreffe vor allem die Polytechnische Schule, obwohl auch an anderen Schulformen manche Schüler dieses Jahr einfach absitzen würden, so Kapsch bei der Präsentation des letzten Teils der Bildungsstrategie der IV zur "Spezialisierungsphase" in Wien. Geht es nach den Vorstellungen der Industrie, soll das "Poly" zu einer tatsächlichen Vorbereitung auf die Lehre und zum Bestandteil der Berufsschule werden.

BMS: Auch "Lehrgänge auslaufen lassen"

Eine "exakte Untersuchung" brauche es bei den BMS: Diese wiesen die höchsten Drop-out-Quoten jenseits der 40 Prozent auf. Es zeige sich, dass in dieser Schulform sehr unterschiedliche Niveaus erreicht werden, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Im sozialen Bereich seien die BMS etwa gut und anerkannt, während manche Handelsschulen zu "Sammelbecken" geworden seien, wie Kapsch ergänzte. Nach einer eingehenden Prüfung könnte man auch "Lehrgänge auslaufen lassen", so Neumayer.

Als internationales Erfolgsmodell bezeichnete der Generalsekretär hingegen die duale Berufsausbildung, also die Lehre. Diese gelte es noch weiter aufzuwerten, etwa indem das Angebot für Lehre mit Matura ausgebaut wird.

Mehr Lehre nach der Matura

Aber auch auf den umgekehrten Weg, nämlich den Lehrabschluss nach der Matura, sollte vermehrt hingewiesen werden. Denn die Optionen für einen direkten beruflichen Einstieg nach der AHS-Reifeprüfung seien nicht immer gegeben. Insgesamt sollten Bildungswege in Österreich "durchlässiger" werden.

AHS: Mehr wirtschaftliches Grundverständnis

Der AHS-Oberstufe stellten Kapsch und Neumayer ein gutes Zeugnis aus. Ausbaufähig sei aber die Vermittlung von Wissen über Berufswege. Hier sollte vermehrt auf externe Berufs- und Bildungsberater gesetzt werden. Wirtschaftliches Grundverständnis werde an den AHS "kaum vermittelt". Mathematik und Naturwissenschaften sollten praxisrelevanter unterrichtet werden. So könnten sich später mehr AHS-Abgänger für ein naturwissenschaftlich-technisches Studium in einem der sogenannten MINT-Fächer interessieren.

Ähnlich positiv kommen auch die berufsbildenden höheren Schulen (BHS) weg. Verbesserungen wären laut Neumayer aber möglich, etwa wenn Inhalte und Strukturen stärker mit Vertretern aus Industrie und Wirtschaft abgestimmt würden. Auch die Anerkennung von beispielsweise bereits an einer HTL "bewiesenen Kompetenzen und Lernergebnissen an Hochschulen" sei der IV ein Anliegen.

Kapsch erklärte, er habe das Gefühl, dass sich in der österreichischen Bildungslandschaft nun etwas bewege. Bis vor kurzem sei etwa unvorstellbar gewesen, dass sich mit Vorarlberg ein ÖVP-geführtes Bundesland zur Umsetzung der auch von der IV geforderten gemeinsamen Schule bis 14 bekennt. Auch das Thema "Schulautonomie" werde mittlerweile "anders diskutiert".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.