Autorin Ruth Klüger erhält Ehrendoktorat der Uni Wien

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Die Schriftstellerin wurde als Kind ins Konzentrationslager gebracht. Die Ehrung sei "ein kleines Stück Wiedergutmachung", so Kulturminister Ostermayer.

Die 1931 in Wien geborene Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin und Holocaust-Überlebende Ruth Klüger hat am Donnerstag von der Universität Wien das Ehrendoktorat verliehen bekommen. Die Auszeichnung wurde in Anwesenheit von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Rektor Heinz Engl überreicht, angesichts der Ehrung zeigte sich die 83-jährige Autorin gerührt und dankbar.

Universitätsrektor Engl betonte gleich zu Beginn der feierlichen Verleihung, dass die Entgegennahme des Ehrendoktorats für Klüger "angesichts ihrer persönlichen Geschichte keine Selbstverständlichkeit" sei. Auch bezeugte er seine Betroffenheit gegenüber der Schriftstellerin, die als Kind mit ihrer Mutter ins Konzentrationslager musste, und sagte, dass die Uni Wien "bereits in der Zwischenkriegszeit eine Stätte des Antisemitismus" war.

Auch Ostermayer sparte nicht mit selbstkritischen Worten. Er zitierte einen Text der Autorin und erwähnte auch, dass Klüger ihre Gastprofessur an der Universität Wien im Sommersemester 2003 einmal "als Fehler" bezeichnet hatte. Der Minister schloss mit den Worten "wir wissen, dass die Zeit nicht zurückgedreht werden kann" und bezeichnete die Auszeichnung als "ein kleines Stück Wiedergutmachung".

"Geschenk der Uni an sich selbst"

Die Laudatio für die Literaturwissenschaftlerin hielt Universitätsprofessorin Konstanze Fliedl vom Germanistik-Institut, in der sie den beruflichen Werdegang der Ehrendoktorandin beschrieb und betonte die klare Haltung der Autorin "zum guten Benehmen als Klüger'scher kategorischer Imperativ". Fliedl bezeichnete die Ehrung Klügers als "Geschenk der Uni an sich selbst" zum 650-jährigen Bestehen der Universität.

Die Schriftstellerin zeigte sich bei ihrer Dankesrede gerührt, fand jedoch auch kritische Worte für die Stadt, die sie als Kind wegen der Nazis verlassen musste. "Hier komme ich mir wie ein Zugvogel vor - immer wenn ich hier bin, wird es warm. Man kann jedoch Liebesbezeugungen nicht einfach einfordern", so Klüger. "Bevor ich aus Österreich auswanderte, habe ich nicht dazugehört", erklärte sie und schilderte ihre Beziehungen zu den Städten, die sie in ihrem Leben begleitet haben: Wien, New York, Berkeley und "das akademische Dorf".

Klüger sieht Wien als "ein wenig veraltet"

Wien bezeichnete sie dabei als "ein wenig veraltet" und erklärte, dass die Stadt für sie eine "Schaukel zwischen Ressentiment und Versöhnungsversuch, aber auf jeden Fall ein unlösbarer Knoten" sei. New York war für Klüger das Loslösen von der österreichischen Kultur und Berkeley der Ort "ihrer Universität". Am wohlsten fühle sie sich allerdings im "akademischen Dorf", in das sie sich international eingebürgert fand und sie beschrieb die Universität "als einen der bewährtesten Wege in die Freiheit". "Die Zugehörigkeit zu diesem akademischen Dorf ist der beste Preis, den man sich vorstellen kann", schloss Klüger.

Im Alter von elf Jahren wurde Klüger zusammen mit ihrer Mutter aus Wien in mehrere Konzentrationslager deportiert. 1945 gelang ihr kurz vor Kriegsende die Flucht und zwei Jahre später emigrierte sie in die USA, wo sie in New York und Berkeley Bibliothekswissenschaften und Germanistik studierte und später als Hochschullehrerin und Literaturkritikerin arbeitete. Sie war Professorin an den Universitäten von Princeton und emeritierte an der University of California in Irvine. Weiters war sie als Gastprofessorin in Göttingen tätig, was neben den USA als ihre zweite Heimat fungiert.

Neben der Schriftstellerin erhielten im Mai der Chemie-Nobelpreisträger Martin Karplus, die Mikrobiologin Hanna Engelberg-Kulka, der Historiker John Boyer, der Jurist Heinrich Honsell und der Mathematiker Maxim Kontsevich das Ehrendoktorat der Uni Wien. Am morgigen Freitag wird Klüger außerdem der Paul Watzlawick-Ehrenring der Wiener Ärztekammer verliehen. Er geht an Wissenschafter, die über Disziplinen hinaus denken, sich für eine humane Gesellschaft einsetzen und Forschung und Wissenschaft einem breiten Publikum vermitteln können.

(APA)

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