Zwei Landeshauptleute haben die Arbeitsgruppe zur Bildungsreform verlassen. Das wird nicht das Ende sein, beharren Heinisch-Hosek und Ostermayer.
Zwei Mal hat sich die Arbeitsgruppe zur Bildungsreform getroffen, nun ist man schon wieder in einer Sackgasse gelandet. Nachdem Anfang März der burgenländische Landeschef Hans Niessl (SPÖ) noch über einen Durchbruch gejubelt hatte, ist er nun aus der Reformkommission der Regierung ausgestiegen - gemeinsam mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP).
Man könnte hier vermuten, dass die Reform damit scheitern wird. Die SPÖ sieht dies allerdings anders - und ersetzt Hans Niessl kurzerhand durch den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). "Michael Häupl wird in die Arbeitsgruppe gehen, er erachtet Bildung als ganz wichtiges Thema", kündigt Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) heute Mittag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz mit Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) an.
Der alte Streit: Bund versus Länder
Doch was ist überhaupt passiert, warum kam es zum Ausstieg von Pröll und Niessl? Der "springende Punkt" für den "überraschenden Schritt" der beiden Landeshauptleute sei laut Heinisch-Hosek die Frage der künftigen Zuständigkeit für die Verwaltung der Lehrer gewesen.
Niessl und Pröll hatten immer wieder darauf hingewiesen, eine Verschiebung dieser Agenden in Richtung Bundesländer zu präferieren. Mit Blick auf die gesamte Reform sei das allerdings eine nachgeordnete Frage - wenn auch eine mit gewissem "Matchcharakter", wie es Ostermayer ausdrückte. Der 17. November als Termin für eine Einigung wird jedenfalls aus Ostermayers (optimistischen) Sicht halten.
Wer kann Pröll ersetzen?
Die SPÖ hat heute ihren Ländervertreter also prominent durch Michael Häupl ersetzt, dieser wiederum soll zeitweilig durch den Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) vertreten werden. Wie aber geht die ÖVP mit dem Ausstieg des Erwin Pröll um? Wer kann ihn ersetzen - und inweiweit kann eine Bildungsrefom gegen seinen Willen überhaupt realisiert werden? Immerhin braucht es, Ostermayer wurde heute bei der Pressekonferenz nicht müde darauf hinzuweisen, für die Bildungsreform eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.
Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer will jedenfalls nicht Prölls Part in der Arbeitsgruppe übernehmen: "Nein, nein." Er könne sich auch so nicht über zu wenig Arbeit beklagen, sagte er heute gegenüber der "Presse". Und auch, dass er hinter seinen Kollegen Niessl und Pröll stehen würde. Es dürfe bei der Schulverwaltung "keine Alibireform" geben. Der Bund müsse erklären, ob er tatsächlich eine Schulreform wolle.
Heinisch-Hosek und Ostermayer gehen davon aus, dass nach Erwin Pröll wieder ein Vertreter der Länder in die zu jeweils gleichen Teilen aus Regierungs- und Ländervertretern besetze Gruppe nachrücken wird. Aber auch aus dem Büro von Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP), der der Arbeitsgruppe angehört, war noch nichts über einen Ersatz bekannt.
Haslauer und Kaiser bleiben
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) dagegen wird in der Arbeitsgruppe zur Bildungsreform bleiben. Er könne allerdings die Kritik seiner beiden ausgetretenen Amtskollegen Pröll und Niessl nachvollziehen, ließ er verlauten, denn der Prozess laufe momentan in die falsche Richtung. Er habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass es zu einem Ergebnis kommt.
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der als vierter Ländervertreter in der Arbeitsgruppe sitzt, will ebenfalls bleiben. In einer Aussendung bezeichnete er den Ausstieg Prölls und Niessls als "bedauerlich". "Allen Beteiligten war und sollte klar sein, dass diese dringend notwendige Reform den Einsatz aller verlangt", so Kaiser. Zwei Drittel der gemeinsamen Ziele würden eigentlich außer Streit stehen. Offen sei, wie eine günstige und effiziente Verwaltung ausgestaltet sein soll.
Es geht "auch ohne diese beiden Herren"
Der Wiener Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch ging in einer Aussendung davon aus, "dass die Bildungsreform jetzt mit neuem Elan angegangen wird". Anders lauteten die Reaktionen seitens der Oppositionsparteien: Im Einstieg des Wiener Bürgermeisters sieht FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz "ein äußerst fatales Signal". Für den Bildungssprecher der NEOS, Matthias Strolz, wird sich an der "Uneinigkeit hinsichtlich Strukturfragen" auch nichts ändern, "wenn man nur die Köpfe austauscht, aber nicht die Inhalte".
"Inhaltlich kein Verlust" stellt das Ausscheiden Prölls und Niessls für den Grünen Bildungssprecher Harald Walser dar. "Beide haben ausschließlich ihre persönliche Macht im Auge und bedienen ihre eigene Selbstherrlichkeit."
Keine Träne weinte auch der Chef der ARGE Lehrer in der GÖD, Paul Kimberger, den beiden Landeshauptleuten nach. Er zeigte sich zwar "überrascht", aber "nicht besonders beeindruckt". Es gebe "wesentliche Themen, bei denen wir etwas weiter bringen müssen, und ich denke, das wird uns auch ohne diese beiden Herren gelingen."
Die Arbeitsgruppe
Die Bildungsreform-Arbeitsgruppe der Regierung hat sich bisher zwei Mal getroffen. Ende Jänner hatte es noch keine konkreten inhaltlichen Verhandlungen gegeben. Anfang März lag dann ein von Landesschulratspräsidenten sowie Spitzenbeamten aus dem Bundes- und Landesbereich und einem Vertreter der Industriellenvereinigung erstelltes Expertenpapier auf dem Verhandlungstisch, in dem umfassende Vorschläge zum Umbau der Schulverwaltungsstruktur und für mehr Schulautonomie enthalten waren.
Diese sollten bis zu einem weiteren Treffen Mitte des Jahres politisch bewertet und durchgerechnet werden - das Treffen hat offenbar wegen inhaltlicher Differenzen aber noch nicht stattgefunden. Am 17. November sollten die Verhandlungen beendet sein.
In der Arbeitsgruppe waren auf SPÖ-Seite Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer sowie die Landeshauptleute Hans Niessl (Burgenland) und Peter Kaiser (Kärnten) sowie auf ÖVP-Seite Innenministerin und ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner, Wissenschafts-Staatssekretär Harald Mahrer und die Landeshauptleute Erwin Pröll (Niederösterreich) und Wilfried Haslauer (Salzburg) vertreten.
(rovi/ett/APA)