Asyl: "Hohe Fluktuation" in Schulklassen zu erwarten

Die Schulen stehen vor einer großen Herausforderung.
Die Schulen stehen vor einer großen Herausforderung.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation stellt die Integration von schulpflichtigen Flüchtlingskindern eine organisatorische Herausforderung dar.

Die derzeitige Flüchtlingssituation stellt die Schulen vor organisatorische Herausforderungen. So sei zu erwarten, dass viele junge Flüchtlinge wegen der Verlegung in ein anderes Quartier "oft von einem Tag auf den anderen die Schule wechseln müssen, sodass sich für die betreffenden Schulklassen eine teilweise hohe Fluktuation ergibt", heißt es in einem Rundschreiben des Bildungsministeriums an die Landesschulräte. Darin informiert das Ministerium über die rechtlichen Grundlagen und die Herausforderungen.

Klargestellt wird, dass alle in Österreich lebenden Kinder im schulpflichtigen Alter "das Recht und die Pflicht haben, die Schule zu besuchen": "Der zuständige Schulsprengel hat daher alle schulpflichtigen Kinder - also auch Kinder von Asylwerbern und Kinder, deren aufenthaltsrechtlicher Status nicht geklärt ist - aufzunehmen und nach Möglichkeit ihrem Alter entsprechend einzustufen."

Viele Kinder sind traumatisiert

In dem Schreiben werden die rechtlichen Grundlagen für die Aufnahme von Flüchtlingskindern sowie unterstützende Maßnahmen aufgelistet. Außerdem werden die Schulbehörden darauf hingewiesen, dass viele Kinder aufgrund ihrer Erlebnisse traumatisiert sind. "Die Schule bietet erstmals oder seit langer Zeit wieder einen geschützten Raum mit einem geregelten Tagesablauf." Die Verarbeitung der Fluchterfahrungen und das Zurechtfinden in der neuen Lebenswelt würden "viel Zeit und psychische Energie brauchen": "Traumatisierung äußert sich mitunter in Verhaltensauffälligkeiten und gesteigerter Gewaltbereitschaft, kann aber auch zu Verweigerung und Rückzug führen."

Grundsätzlich sind Flüchtlingskinder wegen ihrer im Regelfall fehlenden Deutsch-Kenntnisse als außerordentliche Schüler einzustufen. In der Volks- bzw. Haupt- oder Neuen Mittelschule und AHS-Unterstufe haben sie als solche die Möglichkeit, an einem Sprachförderkurs teilzunehmen. "Außerordentlich" bleibt man grundsätzlich für zwölf Monate, dieser Status kann aber für ein weiteres Jahr verlängert werden, wenn die Sprache "ohne eigenes Verschulden" nicht ausreichend erlernt werden konnte.

Direktoren entscheiden über AHS-Aufnahme

Im Regelfall kommen die Flüchtlingskinder in eine Volksschule bzw. Haupt- bzw. Neue Mittelschule. Sie können ihrer Schulpflicht allerdings auch an AHS-Unterstufen erfüllen, wobei dieser aber nicht verpflichtet sind, außerordentliche Schüler aufzunehmen. Die Entscheidung über eine AHS-Aufnahme trifft der jeweilige Direktor, der beurteilen muss, ob aufgrund der jeweiligen Vorbildung die Voraussetzung für einen erfolgreichen Besuch der AHS gegeben sind.

Konkret rechnet man in Wien damit, dass mit dem kommenden Schuljahr 350 neue Flüchtlingskinder in Wiens Pflichtschulen kommen werden. In Oberösterreich geht man von 200 bis 250 Flüchtlingskindern aus. Genau wissen dürfte man das aber erst am ersten Schultag. Im niederösterreichischen Traiskirchen soll es laut dem zuständigen Landesschulratspräsidenten Hermann Helm statt der bisher zwei Brückenklassen heuer vier geben.

Woher kommen die Ressourcen dafür?

Ob es auch zusätzliche Ressourcen geben wird, ist noch nicht klar: Darüber "finden derzeit intensive Beratungen mit dem BMF (Finanzministerium, Anm.) statt", heißt es in dem Schreiben.

Kritik am Umgang mit Flüchtlingskindern kommt von der Lehrergewerkschaft. Nun einen Leitfaden herauszugeben, sei zu wenig, sagt Lehrergewerkschafter Paul Kimberger. Das Unterrichtsministerium reagiere viel zu spät. Es sei wieder einmal nichts geschehen, obwohl man schon vor Monaten gewarnt habe. Das Ministerium solle Lehrer aus den Kriegsgebieten mit Sonderverträgen anstellen, sagt Kimberger im "Ö1 Morgenjournal", weil sie Flüchtlingskinder in der Muttersprache unterrichten können. Das habe man aus der Flüchtlingskrise in den 1990er Jahren gelernt.

>>> Zum "Ö1 Morgenjournal"-Bericht

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(APA/Red.)

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