Teure Sünde bei Lehrerpensionen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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73 Prozent der Pflichtschullehrer nützten die Hacklerfrühpension, weil die Regierung den Zugang erleichtert hat. Staatssekretärin Steßl will jetzt die Beamtenruhestände verschärft überwachen.

Wien. Die SPÖ-ÖVP-Regierung öffnete das Tor in die Frühpension weit, und tausende Pflichtschullehrer machten daraufhin von dieser legalen begünstigten Möglichkeit des frühzeitigen Ruhestandes bereitwillig Gebrauch. Das Ergebnis: Vier von fünf Landeslehrern, exakt waren es 72,9 Prozent, gingen zwischen 2008 und 2013 mittels Hacklerregelung in Frühpension. Dieser Pensions-„Sündenfall“ der rot-schwarzen Koalition trieb die Kosten dramatisch in die Höhe: Allein bei den Pflichtschullehrern machten die Mehrkosten in diesem Zeitraum zwei Milliarden Euro aus.


• Im Schnitt mit 59,6 Jahren in Pension. Der Rechnungshof prangert in dem am Mittwoch vorgelegten Prüfbericht die Entwicklung bei den Pensionen der Landeslehrer (großteils sind das Volksschul- und Hauptschullehrer) an. Eine Reihe von Details war schon in einem Rohbericht, über den „Die Presse“ heuer im Frühjahr berichtet hat, enthalten. So gingen Pflichtschullehrer mit Beamtenstatus im Durchschnitt bereits mit 59,6 Jahren in Pension. Im Burgenland ging gar nur ein einziger Landeslehrer regulär mit 65 Jahren in den Ruhestand.

Finanzielle Folgen ignoriert. Nun legt der Rechnungshof nach, die Regierung kommt dabei alles andere als gut weg. Unmittelbar vor der Nationalratswahl im September 2008 erfolgte der Kniefall mit teuren Konsequenzen, nämlich den erwähnten Zusatzkosten von satten zwei Milliarden Euro. Die Kontrolle erteilte dem für die Beamten zuständigen Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium einen kräftigen Rüffel. Bei künftigen begünstigten Ausnahmeregelungen bei Pensionen „wären finanzielle Auswirkungen zu berechnen“, mahnten die Prüfer. Im Klartext bedeutet dies: Die rot-schwarze Regierung hat 2008 die zahlreichen Warnungen externer Pensionsexperten vor einer Kostenexplosion praktisch komplett ignoriert.


Niedrigere Pensionshürde. Der Zugang in die Hacklerfrühpension wurde vor der Wahl 2008 deutlich erleichtert, beispielsweise durch die Anrechnung von Krankenstandszeiten. Das galt zwar ebenso für ASVG-Versicherte. Die begünstigte Hacklerregelung (keine Abschläge, Pensionsantritt nach 40 Beitragsjahren ab dem 60. Lebensjahr, bei Männern im ASVG hingegen erst nach 45 Beitragsjahren) wurde bei den Pflichtschullehrern besonders stark in Anspruch genommen. Zum Vergleich: Bundeslehrer, zu denen Lehrer an Gymnasien und an berufsbildenden höheren Schulen zählen und für die das Unterrichtsministerium zuständig ist, gingen im Schnitt deutlich später, mit 61,2 Jahren in Pension. Für die Pflichtschullehrer sind die Bundesländer zuständig.


• Anreize für längeres Unterrichten offen. Die SPÖ-ÖVP-Regierung hat zwar gut fünf Jahre nach der Erleichterung Anfang 2014 den Zugang zur Hacklerpension verschärft. Für Beamte und Lehrer mit Beamtenstatus ist seither die Hacklerfrühpension erst ab dem 62. Lebensjahr und mit Abschlägen möglich. Darauf wird jetzt auch im Kanzleramt hingewiesen. Nicht aufgegriffen wurde aber der Vorschlag des Rechnungshofes, mit der Möglichkeit der Reduktion der Arbeitszeit auf 80 Prozent ohne Gehaltsausgleich Pflichtschullehrer über 62 Jahre hinaus in den Schulen zu halten.


• Ungleichheit bleibt. Neben den höheren Kosten für die vielen Hacklerpensionen, die die Steuerzahler tragen müssen, bleibt eine Ungleichbehandlung langfristig aufrecht. Pflichtschullehrer mit Beamtenstatus dürfen in der Frühpension nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs 2005 weiter uneingeschränkt dazuverdienen, ASVG-Versicherte in Frühpension nicht.


Monitoring per Gesetz. Die für den öffentlichen Dienst zuständige Staatssekretärin, Sonja Steßl (SPÖ), bereitet allerdings eine Konsequenz vor. Per Gesetz soll endlich ein Monitoring für die Beamtenpensionen eingeführt werden, wurde der „Presse“ im Kanzleramt angekündigt. Damit würde verschärft überwacht, welche Beamten warum in (Früh-)Pension gehen. Man sei in Gesprächen mit dem Koalitionspartner, heißt es. Die ÖVP hat sich bisher allerdings dagegen gesperrt, weil ein entsprechendes gesetzliches Monitoring im ASVG von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) noch aussteht.

Weitere Infos:www.diepresse.com/bildung

AUF EINEN BLICK

Hacklerpension. Von 2008 bis 2013 gingen 72,9Prozent der Pflichtschullehrer mittels begünstigter Hacklerregelung in die Frühpension. Laut Rechnungshof lag das Pensionsantrittsalter im Schnitt bei nur 59,6 Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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