Werbung an Schulen: Gericht verbietet Comic-Heft

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Eine Bankomatkarte rettet ein hungriges Kind: Wegen "aggressiver Geschäftspraktik" wurde ein Bilderbuch mit Werbung aus dem Verkehr gezogen.

In einem weiteren Urteil zum Thema Werbung an Schulen hat das Landesgericht Graz eine "aggressive Geschäftspraktik" verboten. Im konkreten Fall wurde ein an Volksschulen verteiltes Bilderbuch im Pixi-Buch-Stil mit Handy- und Bankenwerbung aus dem Verkehr gezogen. Grundsätzlich verboten wurde dem ausführenden Unternehmen die Verteilung von Werbematerial in dem (nicht rechtskräftigen) Urteil nicht.

In der im vorigen Schuljahr an Volksschulen in ganz Österreich im Zuge der Einschreibung verteilten "Karlis Schulbox" wurde den künftigen Taferlklasslern auch das Bilderbuch "Mit Sicherheit viel Spaß rund um die Schule" überreicht. Darin wird die Geschichte eines sechsjährigen Mädchens erzählt, das sich auf den ersten Schultag vorbereitet - und von ihrer Mutter mit einem Handy und einem eigenen Konto samt Bankomatkarte beschenkt wird. Unter anderem heißt es dann darin: "Johanna ist stolz. Nun gehört sie bald zu den Großen."

Bankomartkarte rettet hungriges Kind

In weiterer Folge kann dann Johanna dank ihrer Bankomatkarte einem Schulfreund, der kein Pausenbrot mit hat und Hunger bekommt, im Supermarkt eine Jause kaufen - nachdem sie von Mama nach einem Anruf mit dem Handy das OK bekommen hat. In der Box findet sich dann praktischerweise auch ein Gutschein einer Bank, mit dem bei Eröffnung einer Karte ein Rabatt von 25 Euro auf ein Einsteiger-Smartphone eines Handy-Betreibers winkt.

Einduck der Empfehlung der Schule entsteht

In dem auf Initiative des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) erwirkten Urteil hält das Gericht fest, dass das Bilderbuch "angehenden Volksschülern und Eltern, welche dieses Buch gemeinsam lesen, unweigerlich den Eindruck vermittelt, dass beim Besuch der Volksschule der Erwerb eines Mobiltelefons und einer Bankomatkarte erforderlich ist und die Schulleitung den Erwerb dieser Produkte empfehlen würde". Die Schulleitung würde durch die Verteilung des Büchleins "als Autoritätsperson zum Vertrieb von Mobiltelefonen und Bankomatkarten eingesetzt und das besondere Vertrauensverhältnis der Eltern gegenüber der Schulleitung missbraucht".

Nicht klar als Werbung zu identifizieren

Eltern könnten so zu Kaufentscheidungen verleitet werden, die sie sonst nicht getroffen hätten. Dazu komme noch, dass das Heftchen für angehende Volksschüler nicht eindeutig als Werbung zu identifizieren sei, heißt es im Urteil. Abgewiesen wurde dagegen das Klagebegehren des VKI, dem ausführenden Unternehmen grundsätzlich die Aushändigung von Werbematerialien an Volksschulen zu untersagen.

Im vergangenen Jahr waren in mehreren Urteilen Werbepraktiken an Schulen verboten worden. Das Bildungsministerium hat vor dem Sommer daher in einem Rundschreiben unter Verweis auf diese Entscheidungen den Schulen klare Vorgaben für die Genehmigung von Werbung gemacht.

Weiter gegen aggressive Schulwerbung

Der VKI will auch in Zukunft weiter gegen aggressive Schulwerbung vorgehen und ruft Schüler, Eltern und Lehrer in einer Aussendung auf, aktuelle Beispiele und Beobachtungen an schulwerbung@vki.at zu melden. Bei Werbung an Schulen sei ein "hohes Maß an Sensibilität gefragt", so VKI-Jurist Peter Kolba. Das ergebe sich aus dem pädagogischen Auftrag sowie dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Schülern und Lehrern. "Wird im Klassenzimmer für ein Produkt geworben, kann das als Qualitätssiegel oder sogar als Kaufempfehlung aufgefasst werden. Kinder und Eltern werden auf diese Weise unzulässig beeinflusst und zu Konsumentscheidungen gedrängt."

(APA)

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