Schulexperte: „Sitzenbleiben ist schädlich“

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Sitzenbleiben drückt die Leistung, sagt Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann.

Wien. Die aktuelle OECD-Studie, die sich Risikoschülern und den Gründen für Leistungsschwäche widmete, ließ mit einer Aussage zum Sitzenbleiben aufhorchen: „Klassenwiederholungen in früheren Schuljahren machen es wahrscheinlicher, dass ein Schüler später schlechte Leistungen erbringt“, hieß es darin („Die Presse“ berichtete). Sitzenbleiben wurde deshalb als ein Risikofaktor für Leistungsschwäche beschrieben.

Wer eine Klasse wiederholt, hat im Vergleich zu anderen (selbst unter Berücksichtigung anderer Einflussfaktoren) das 6,4-fache Risiko auf eine Einordnung als Leistungsschwacher. So steht es in der Studie. Doch ist es nicht ohnehin erwartbar, dass sich unter den Sitzengebliebenen deutlich mehr Leistungsschwache befinden als unter den übrigen Schülern? Und ist es dann nicht falsch, Sitzenbleiben als Risikofaktor zu identifizieren? „Natürlich wird man unter den Sitzenbleibern automatisch mehr Leistungsschwache finden. Doch das Sitzenbleiben selbst verstärkt das in der Regel noch. Es ist tatsächlich so, dass Sitzenbleiben schädlich ist“, sagt Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann von der Uni Wien zur „Presse“. Das habe unter anderem damit zu tun, dass das Selbstbild beschädigt wird und die Lernmotivation sinkt.

„Keine kausale Aussage“

In welchem Ausmaß das erhöhte Risiko, zu den Leistungsschwachen zu zählen, nun auf die Schwäche an sich bzw. auf die Negativwirkung des Sitzenbleibens zurückzuführen ist, lässt sich nicht beurteilen. „Darüber können sich die Götter streiten“, sagt Hopmann. Klar sei, dass anhand der Pisa-Daten „Probleme identifiziert, aber keine kausalen Aussagen getroffen“ werden können. Dafür müssten Schüler länger beobachtet werden. Auch die OECD selbst schränkt die Aussagekraft ein: „Es soll kein kausaler Rückschluss aus dieser Analyse gezogen werden.“ (j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2016)

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