Schule: "Strafen braucht es definitiv keine"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Psychologe Philip Streit plädiert im Interview mit "der Presse" für eine neue Autorität. Sowohl Rohrstaberlpädagogik als auch Laissez-faire-Stil seien gescheitert.

Die Presse: Braucht es autoritärere Lehrer?

Philip Streit: Nein. Aber es braucht eine neue Autorität. Es muss das Einverständnis geben, dass in der Schule die Lehrer Regeln aufstellen. Anders als früher ist das Einhalten der Regeln aber nicht mit psychischem Zwang, Sanktionen und Bestrafungen durchzusetzen. Lehrer müssen bei schwierigem Verhalten Widerstand leisten.

Aber man kann wohl nicht jeden im Dialog erreichen?

Es geht nicht um kooperativen Dialog. Sondern um das Senden klarer Botschaften bei aufrechter Beziehung.

Das soll immer ganz ohne die Androhung von Strafen funktionieren?

Strafen braucht es definitiv keine. Denn Härte erniedrigt und zerbricht Kinder. Sie macht entweder willenlose Anpasser oder aggressive Rebellen. Sie schafft einen aggressiven Mob. Sie zerstört den dringenden Kontakt zwischen Lehrern und Kindern.

Ist es für Lehrer heute schwieriger, sich im Klassenzimmer durchzusetzen?

Die Schule ist im Dilemma. Die alte Autorität ist eindeutig gescheitert – also die Rohrstaberlpädagogik, das In-die-Ecke-Setzen. Doch was wir auch wissen, ist, dass die neue kooperative Pädagogik, die Laissez-faire-Erziehung, Schiffbruch erlitten hat. Es ist nicht möglich, alles auszudiskutieren im kooperativen Sinn. Manchmal muss man klar Stellung beziehen.

Ist die Schülerschaft schwieriger geworden?

Das würde ich nicht so sagen. Natürlich gibt es Phänomene wie Cybermobbing, aber insgesamt ist physische Gewalt in Schulen am Rückzug. (j. n.)

Fakten

Philip Streit ist Psychologe und Vorstand am Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz. Er nahm erst kürzlich an einer Enquete des Katholischen Familienverbands teil. Der Titel der Veranstaltung:  „Neue Autorität“ – Wider die Ohnmacht im Kinder- und Klassenzimmer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

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