Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) drängt darauf, die Schulfinanzierung umzustellen. Eine Umverteilung zugunsten benachteiligter Schulen dürfte aber zu Unstimmigkeiten führen.
Wien. Dass 15 Prozent der Zehnjährigen die Bildungsziele in Deutsch komplett verfehlen, ist für den Bildungsforscher Stefan Hopmann „katastrophal“. Seine Prognose ist düster: „Für diese 11.000 Schüler wird es verdammt schwer werden, einen Schulabschluss zu erreichen“, sagt er. Wenn Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) die Resultate als Beleg sehe, wie gut das österreichische Schulsystem funktioniere, sei das „blanker Zynismus“. Sie hatte am Donnerstag betont, dass sich die Leistungen in Deutsch im Vergleich zu einer kleineren Vorab-Testung sogar verbessert hätten.
Die Ministerin bringt als Konsequenz aus den Ergebnissen einmal mehr eine neue Schulfinanzierung ins Spiel, konkret: mehr Geld für Brennpunktschulen. Der soziale Hintergrund spielt laut den Standards die größte Rolle bei den Leistungsunterschieden. Kinder aus bildungsfernen Schichten hinken Akademikerkindern um drei Jahre hinterher. „Wir sollten über eine Sozialindexierung reden“, sagte die Ministerin. Das ist ein Modell, das es in den Niederlanden bereits seit den 1970er-Jahren gibt: Für Schüler aus bildungsfernen Familien bekommen Schulen mehr Geld. Auch Hamburg und einige Schweizer Kantone finanzieren ihre Schulen teilweise nach Sozialkriterien.
Heinisch-Hosek will die Ergebnisse der Bildungsstandards nun zum Anlass nehmen, bei den laufenden Verhandlungen über den Finanzausgleich eine neue Verteilung der Ressourcen anzustreben. Da es für den Bildungsbereich nicht mehr Geld geben wird, müsste dann umverteilt werden. Oder, wie die Ministerin sagt: „Es kann und wird dann Regionen geben, die mehr Geld benötigen und bekommen, und es wird Regionen geben, wo es weniger Ressourcen geben wird.“ Gibt es weniger Geld für manche Schulen, dürfte das zu Unstimmigkeiten führen.
Soziale Kriterien für die Schulfinanzierung forderte zuletzt auch Forscher Hopmann. „Das wäre viel wichtiger gewesen als der ganze übrige Kram“ (der Bildungsreform, Anm.). Um die Volksschulergebnisse zu verbessern, müsse man das starre System in der Volksschule umstellen und mehr individuelle Förderung für Schüler anbieten statt Maßnahmen für alle. Die Lehrer fordern als Sofortmaßnahme dringend zwei Lehrer in den ersten zwei Volksschulklassen. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2016)