Hauptschule versus NMS: Mehr Durchlässigkeit, weniger Aufstieg

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mehr Absolventen der Neuen Mittelschule als der Hauptschule schaffen den Übertritt in eine höhere Schule. Aber viele tun sich im ersten Jahr dort sehr schwer.

Die gute Nachricht: Absolventen einer Neuen Mittelschule (NMS) schaffen öfter den Aufstieg an eine weiterführende Schule als zuvor Hauptschüler. Die schlechte Nachricht: Wenn sie dann im der Oberstufe des Gymnasiums oder in einer berufsbildende Schule sind, erreichen sie anteilsmäßig seltener die nächste Klasse.

Wichtiger als der Schultyp ist für den Übergang jedoch der Standort der Schule, die davor besucht wurde, zeigen am Montag präsentierte Daten der Statistik Austria.

Unterschiede zwischen NMS sind sehr groß

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen beim Übertritt an höhere Schulen seien nämlich "sehr groß", betonte Studienautorin Regina Radinger bei der Präsentation des Statistikbands "Bildung in Zahlen 2014/15". So gebe es in manchen Jahren Hauptschulen, von denen kein einziger Schüler an höhere Schulen übergetreten sei, an anderen Hauptschulen seien es 90 Prozent der Absolventen gewesen. "Mehr als auf den Schultyp kommt es auf den einzelnen Standort an." Wichtiger Faktor dabei: der Grad der Urbanisierung. Auch die Umgangssprache der Schüler spielt eine Rolle.

2014/15 haben demnach 82 Prozent Hauptschüler bzw. 78,8 Prozent der NMS-Schüler mit deutscher Umgangssprache und aus dünn besiedeltem Gebiet zwei Jahre nach Abschluss der achten Schulstufe auch den Übertritt in die 6. Klasse Gymnasium bzw. 2. Klasse BMHS geschafft, aber nur 59 Prozent der Hauptschüler bzw. 53,1 Prozent der NMS-Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache in dicht besiedelten Gebieten (Wien und die meisten Landeshauptstädte). Bei den AHS sind die regionalen Unterschiede hingegen geringer: Hier schaffen 91,6 Prozent (deutsche Umgangssprache, ländlicher Raum) bzw. 85,1 Prozent (nicht-deutsche Umgangssprache, Stadt) den Übergang.

Viele schaffen Anschluss an AHS-Schüler nicht

"Zusammengenommen", so Radinger, seien die Chancen für ehemalige NMS-Schüler auf eine maturaführende Schule größer als für ehemalige Hauptschüler: Während an Hauptschulen von 100 Schülern nur 36 den Umstieg in eine höhere Schule geschafft haben, waren es an den selben Standorten nach der Umstellung zur NMS 46 Schüler. Danach wird allerdings stärker selektiert als bisher: Während 26 ehemaligen Hauptschülern der Übertritt in die 6. Klasse Gymnasium bzw. 2. Klasse BMHS gelungen ist, waren es 32 ehemalige NMS-Schüler, zeigt eine Analyse jener 232 Schulen, die in den ersten beiden Jahrgängen (2008/09 und 2009/10) umgestellt wurden. Bei jenen Hauptschulen, die im untersuchten Zeitraum nicht zur NMS wurden, gab es keine höhere Übertrittsraten an höhere Schulen.

"Alle verschiedenen Generationen der Neuen Mittelschule haben eines gemeinsam: Von der Hauptschule zur Neuen Mittelschule ist die Übertrittsquote angestiegen", betonte Generaldirektor Konrad Pesendorfer. Auch, wenn für die ersten NMS noch andere Bedingungen galten, da damals Schulen freiwillig an den Modellversuchen teilnehmen und eigene Fördermodelle erarbeiten mussten, könne man eindeutig sagen, dass die Umstellung "einen Boost gegeben hat beim Übertritt" an höhere Schulen. Er glaube nicht, dass sich daran durch die verpflichtende Umstellung der Hauptschulen zu NMS ab 2012/13 etwas ändere.

Nicht mehr nur die besten Hauptschüler?

Gleichzeitig sei aber die Selektion zur nächsten Schulstufe stärker geworden, so Pesendorfer. Die Hintergründe müsse man erst in Studien untersuchen, ein möglicher Faktor könnten allerdings die unterschiedlichen Aufnahmekriterien (aufgrund der unterschiedlichen Leistungsbeurteilung mit fünfteiliger Notenskala an den Hauptschulen, siebenteiliger an den NMS) sein. So sei möglicherweise früher nur die "Elite" der Hauptschulen an höheren Schulen gelandet und daher der Umstieg besser gelungen.

Als Alternative zur AHS konnte die NMS sich auch bisher noch nicht etablieren, wie die Daten zeigen. Nach wie vor besucht rund ein Drittel der Schüler der 5. Schulstufe die AHS-Unterstufe; wer bisher die Hauptschule besuchte, geht nun in die NMS.

(APA/Red.)

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