Schulessen: Mittagsbuffet im Trend

Schulessen damals
Schulessen damals(c) Die Presse - Clemens Fabry
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In mehr als der Hälfte der Wiener Schulen mit Tagesbetreuung dürfen sich die Schüler ihr Essen selbst nehmen. Manchmal essen sie dann Fleisch mit Kompott.

Wien. Nudeln mit Sauce, Reis mit Erbsen, Fleisch mit Saft, das in der Mittagspause auf den Teller geklatscht wird – ob der Schüler das nun will oder nicht: So sieht Schulessen an vielen Wiener Schulen schon lang nicht mehr aus. Inzwischen dürfen sich immer öfter die Schüler selbst ihre Teller füllen. „Es ist ein Trend zum Buffetbetrieb erkennbar“, heißt es aus der MA 56, die in Wien für das Essen an den Pflichtschulen zuständig ist.

An 84 von 142 Schulen mit Tagesbetreuung wird das Essen mittlerweile in Buffetwagen in die Speisesäle geliefert. Es gibt zwei verschiedene Menüs, die Schüler bedienen sich selbst – und nehmen sich das, was sie wollen. Wobei sie sich nicht an die Zusammenstellung der Menüs halten müssen, sondern auch die Spätzle zur Nudelsauce, die Nudeln zum Fleisch oder die einzelnen Speisen ganz anders kombinieren können.

Kompott zum Fleisch, Nudeln mit Erdäpfeln: Bisweilen entstehen da ganz interessante Teller, erzählt Brigitte Lager. Die Direktorin der Ganztagsvolksschule Alte Donau im 22. Wiener Gemeindebezirk hat vor fünf Jahren als Erste mit dem Essensanbieter Gourmet auf Buffetbetrieb umgestellt. „Gerade im Volksschulalter gibt es Kinder, die Fleisch mit Saft oder Saucen ganz grauslich finden oder die bestimmte Gemüsesorten gar nicht wollen. Wenn dann eines davon auf dem Teller ist, wird gar nichts gegessen.“

„Immerhin trockene Nudeln“

Eine Sorge sei vor der Einführung gewesen, dass die Mahlzeiten nicht ausgewogen seien, wenn sich die Volksschüler eigenständig bedienen, weil – ein Klassiker – etwa das Gemüse verschmäht wird. „Aber wenn von dem perfekt ausgewogenen Menü, das auf dem Teller serviert wird, nichts gegessen wird, dann hat das Kind gar nichts zu sich genommen“, sagt Direktorin Lager. „So passiert es vielleicht, dass ein Kind einmal nur trockene Nudeln isst – aber immerhin das.“

Ähnlich argumentiert auch die Ernährungswissenschaftlerin Claudia Ertl-Huemer von Gourmet, die das Konzept erfunden hat. Nur weil die Erbsen auf den Teller gegeben werden, gibt es ja auch keine Garantie, dass sie gegessen werden. „Die Chance, dass die Kinder Gemüse essen, ist viel größer, wenn sie es selbst aussuchen dürfen. Sie trauen sich dann manchmal auch, einen Löffel von etwas zu probieren, was sie als ganzen Teller nicht ausgesucht hätten.“ Ohne ein bisschen Kontrolle geht es aber nicht: Das Küchenpersonal steht bei den Buffetwagen und achtet etwa darauf, dass sich am Schnitzeltag jedes Kind nur ein Schnitzel nimmt oder am Palatschinkentag jeder maximal drei Palatschinken. Und die Nachmittagsbetreuerinnen, die das Essen beaufsichtigen, animieren die Kinder, doch auch einmal dies oder das zu probieren.

Eltern sind teilweise skeptisch

In der Volksschule Alte Donau ist heute einer der seltenen Tage mit Süßspeisen. Eine Sechsjährige balanciert dort zwei Erdbeerknödel auf ihrem Teller durch den Speisesaal, ein Mitschüler hat seinen Teller halb mit Knödeln, halb mit Kaiserschmarren gefüllt. Die Brokkolisuppe nehmen sich die Kinder angesichts des süßen Angebots nicht von selbst – sondern erst, als Betreuerin Natalia Zelenko sie ein bisschen anstupst. Dann probieren sie zumindest. „Schmeckt eh ganz gut“, sagt eine Erstklässlerin.

Vor allem die Eltern – die über eine Umstellung auf ein Buffetmodell mitentscheiden – seien anfangs manchmal skeptisch, sagt Ertl-Huemer. „Da unterschätzen die Erwachsenen aber die Kinder. Die klassische Essensausgabe ist einfach nicht mehr zeitgemäß.“ Schon kleine Kinder würden heute schon sehr vieles selbstverantwortlich entscheiden – es sei nicht schlüssig, dass sie dann ausgerechnet beim Essen eingeschränkt würden.

Weniger Essen wird weggeworfen

„Die Kinder wollen und sollen entscheiden, was sie essen und wie viel“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Die Gefahr, dass sie sich zu viel nehmen, bestehe dabei nicht wirklich. „Wir beobachten nicht, dass sie Unmengen essen. Und sie müssen lernen zu spüren, wann sie satt sind.“ Das unterscheide sich auch sehr stark: „In Wachstumsphasen essen die Kinder oft ganz viel – und dann phasenweise wieder sehr wenig. Beim Buffet kann man das berücksichtigen.“

Einen weiteren Vorteil hat die neue Art der Essensausgabe im Buffetform übrigens laut Volksschuldirektorin Brigitte Lager: „Es wird viel weniger Essen weggeworfen als früher.“

AUF EINEN BLICK

Buffetbetrieb wird inzwischen an 84 der 142 Pflichtschulen mit schulischer Tagesbetreuung in Wien angeboten. Konkret bedeutet das: Die Kinder bekommen nicht wie üblich ihr Essen auf den Teller, sondern sie dürfen es sich – unter Aufsicht von Pädagogen und Küchenpersonal – selbst nehmen. Ob ein solches Buffetmodell eingeführt wird, entscheiden Schule und Eltern. Schulen haben die Erfahrung gemacht, dass dann weniger Essen weggeworfen wird als früher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2016)

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