Rechnungshof: Zu viele Extralehrer in Mittelschulen

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Das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Teamteaching an den Neuen Mittelschulen passe nicht, sagen die Prüfer – und empfehlen eine Reduktion auf vier Wochenstunden.

Wien. Der Rechnungshof (RH) empfiehlt eine Reduktion des Teamteachings an Neuen Mittelschulen (NMS) von sechs auf vier Wochenstunden pro Klasse. Damit könnten im Vollausbau rund 60 Millionen Euro pro Schuljahr eingespart werden, so die Prüfer in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Dafür hatte der RH die Umsetzung von Empfehlungen einer 2013 erstellten Gebarungsüberprüfung zu den NMS-Modellversuchen unter die Lupe genommen. Der Großteil dieser Vorschläge wurde zumindest teilweise aufgegriffen – die Grundprobleme blieben aber weiter bestehen.

So fielen für die NMS im überprüften Zeitraum 2012/13 und 2013/14 rund 187 Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben an. 96 Prozent davon entfielen auf Extralehrer für die zusätzlichen sechs Wochenstunden je NMS-Klasse, wobei die Kosten aufgrund der zunehmenden Zahl an NMS-Standorten immer weiter anstiegen.

Wie schon im Vorbericht ermittelte der RH die höchsten Lehrerpersonalkosten pro Schüler an den NMS (7500 Euro). Das liegt vor allem am vorgesehenen verschränkten Lehrereinsatz: in den sechs Zusatzstunden sollen vor allem AHS- bzw. BMHS-Lehrer zum Einsatz kommen. An den Hauptschulen lagen die Lehrerpersonalkosten pro Schüler bei rund 6700 Euro, an den AHS-Unterstufen (wegen der größeren Klassen) bei 4800 Euro.

Gleichzeitig sei aber unter anderem der im Vorjahr präsentierte NMS-Evaluierungsbericht zum Schluss gekommen, dass „die beträchtlichen zusätzlichen Ressourcen im Durchschnitt nicht die erwarteten Verbesserungen im Bereich der fachlichen Leistungen und überfachlichen Kompetenzen gebracht hatten“, so der RH. Er empfiehlt daher, „auch Szenarien zur Umsetzung der NMS-Konzeption – vor allem Individualisierung und innere Differenzierung – mit eingeschränktem Teamteaching-Einsatz in Betracht zu ziehen.“

Nach wie vor nicht realisiert ist der weitgehende Einsatz von AHS- bzw. BMHS-Lehrern für die Zusatzstunden – ursprünglich einer der Kernpunkte der NMS. Stattdessen erhöhte etwa Vorarlberg den Einsatz von Landeslehrern für diese Stunden noch einmal von 90 auf 93 Prozent. Begründet wurde dies mit der „angespannten Personalsituation“ bei Bundeslehrern. Kreativer löste dies Salzburg, wo der Landeslehreranteil nur bei einem Drittel lag – es stellte Landeslehrer per Sondervertrag als Bundeslehrer an.

Auch die Standardforderung des RH angesichts der Probleme beim verschränkten Einsatz von Landes- und Bundeslehrern findet sich daher wieder im Bericht: „Im Hinblick auf eine Strukturbereinigung im Schulwesen wäre auf die Konzentration der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung in einer Hand hinzuwirken.“ Gleiches gilt für die Standardantwort des Bildungsministeriums: „Das BMBF verwies in diesem Zusammenhang auf den Vortrag an den Ministerrat zum Thema Bildungsreformkommission.“

Sprachförderung ohne Ziele

Lob und Tadel gab es vom Rechnungshof in einer Folgeüberprüfung der Fördermaßnahmen von Bildungsministerium und Wiener Stadtschulrat für Schüler mit Migrationshintergrund. Kritisiert wird etwa, dass noch immer Zielvorgaben dafür fehlen, welches Sprachniveau Schüler durch diverse Fördermaßnahmen erreichen sollen. Auch deren Erfolg werde nicht gemessen.

Insgesamt sprachen 2014/15 rund 22 Prozent der Schüler im privaten Umfeld nicht Deutsch, in Wien waren es 48 Prozent. Die Sprachfördermaßnahmen für diese Gruppe hat der RH in seiner Überprüfung 2013 sehr kritisch bewertet. Die Mängel wurden seither nur zu einem kleinen Teil behoben.

Im Kindergarten hat das Bildungsministerium wegen der zersplitterten Kompetenzen laut Bericht noch immer zu wenige Möglichkeiten, den Einsatz von Sprachförderung zu steuern und zu überprüfen, ob diese wirkt. So könne es nicht für den bundesweiten Einsatz von Sprachstandfeststellungen und -fördermaßnahmen sorgen, weil Kindergärten Ländersache sind und die Genehmigung der Maßnahmen seit 2012 über Innen- bzw. Außenministerium läuft. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2016)

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