Vergleichbarkeit durch Zentralmatura ist ein "Riesenschwindel"

Die Presse/Clemens Fabry
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An einer Schule hätten von 18 Schülern nur zwei die Mathe-Kompensationsprüfung geschafft, an einer anderen 19 von 20, so die Elternvertreter.

Der Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) fordert mehr Transparenz bei den Ergebnissen der Zentralmatura sowie die Einführung nur teilzentraler Klausuren. Außerdem müsse die technische Ausstattung an den Schulen angeglichen werden, um zumindest ein Mindestmaß an Vergleichbarkeit zu erreichen, so Vorsitzender Gernot Schreyer bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

"Man hat uns die Zentralmatura mit einigen Argumenten verkauft - eines davon war die Vergleichbarkeit", so Schreyer. Angesichts unterschiedlicher Lehrer und Klassen sei dies aber ohnehin eine Illusion. "Wer behauptet, dass es diese Vergleichbarkeit gibt, begeht einen Riesenschwindel." Die einzige Möglichkeit dazu sei aus verständlichen Gründen nicht umsetzbar: "Vielleicht ginge es, wenn ein Lehrer alle Klassen unterrichtet." Daher versuche man mit diversen Verordnungen und Lehrplandetails entgegenzuwirken - und scheitere.

Jeder Lehrer beurteilt anders

So hätten etwa an einer Schule von 18 angetretenen Schülern nur zwei die Mathe-Kompensationsprüfung geschafft, an einer anderen 19 von 20, so Schreyer. Bei der Mathe-Matura seien je nach Schule entweder gar keine oder unterschiedliche Rechnersysteme erlaubt ("Und da rede ich noch gar nicht von der Software"), in Deutsch würden 75 Prozent der Schüler die Klausur auf Papier schreiben und 25 Prozent auf dem Computer, wobei Lehrer in manchen Fällen den Einsatz von Rechtschreibprogrammen gestatten und manche nicht.

Angesichts dieser Tatsachen müsse man sich fragen, ob man nicht doch auf eine teilzentrale schriftliche Matura schwenke, meinte Schreyer. So könnten in Mathe etwa im zentralen Teil die Grundkompetenzen abgefragt werden, während im zweiten Teil der Klassenlehrer die Fragen formuliert und so auf Schulschwerpunkte eingeht.

Den Ursprungsplan, die Matura nur mittels Papier und Bleistift zu erlauben, hätten die Eltern bei der Konzeption abgelehnt, so Schreyers Stellvertreterin Susanne Schmid. "Ich kann ja nicht jemanden jahrelang in der Oberstufe mit dem Computer arbeiten lassen, und am Schluss kriegt er Bleistift und Zettel." Man fordere daher vom Ministerium Vorschläge, wie gleiche Rahmenbedingungen an den Schulen geschaffen werden könnten.

Schreyer selbst ist dabei "kein Freund des extremen Technologieeinsatzes". An den Technischen Unis würden etwa die Studenten am Beginn eines Mathe- oder Technikstudiums zunächst einmal aufgefordert, den Taschenrechner wegzulegen.

Kritik an "fiesen" Mathematikbeispielen

Kritik übte Schreyer daran, dass die zusammengefassten Zentralmatura-Ergebnisse bis heute nicht veröffentlicht worden seien. Die Resultate müssten zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sollten die einzelnen Schulen "ihre" Ergebnisse erhalten, die zwar nicht veröffentlicht, aber verpflichtend im Schulgemeinschaftsausschuss behandelt werden müssten.

Auch an den Mathematik-Aufgabenstellungen ließen die Eltern kein gutes Haar. Diese seien "fies gewesen, es waren Fallen eingebaut", so Schreyers zweite Stellvertreterin Elisabeth Rosenberger. Unter anderem seien doppelte Verneinungen enthalten gewesen, die unter Zeitdruck leicht übersehen werden konnten: "Muss das wirklich sein?" Aufgrund der Länge mancher Angaben frage man sich, ob jetzt Lese- oder Mathekompetenz abgefragt worden sei. Außerdem hätten die Aufgaben nicht dem entsprochen, was im Vorfeld geübt worden sei. Viele Schüler hätten sich darauf verlassen, dass in etwa jene Aufgaben kommen, die bei den Übungsbeispielen enthalten oder bei der Probematura abgefragt worden seien.

Weitere Vorschläge der Eltern: Die Zeitspanne zwischen Bekanntgabe der Note und der Kompensationsprüfung müsse länger werden, um den Schülern eine längere Vorbereitungszeit zu gönnen. Bei der vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) plädierte Schreyer für einen früheren Abgabe- und Präsentationstermin, um einen längeren zeitlichen Abstand zu den Klausuren zu bekommen. Außerdem sollte man erwägen, den Schülern gewisse Mindestvorgaben zu machen wie etwa, dass 30 Prozent der VWA bis Ostern der siebenten Klasse erledigt sein müssen.

Die Ergebnisse der Zentralmatura sollen in der kommenden Woche veröffentlicht werden.

Elternverband warnt vor Schul-Sozialindex

Auch abseits der Zentralmatura äußerte sich der  Bundesverband der Elternvereine kritisch. Gewarnt wurde vor der Verteilung der Mittel für Schulen anhand eines Sozialindexes. "Das hieße, dass bei gleichbleibenden Mitteln Schulen, die gute Arbeit leisten und das Pech haben, keine Brennpunktschulen zu sein, weniger Geld bekommen", so BEV-Vorsitzender Gernot Schreyer.

Dazu komme noch, dass die derzeit zur Verfügung stehenden Daten über Ausbildungs- und Einkommenssituation der jeweiligen Eltern nicht valide seien, so Schreyer. Diese würden im Zuge der Bildungsstandard-Erhebungen von 14-jährigen Schülern abgefragt.

Ein Sozialindex hat zur Folge, dass die Finanzierung von Schulen bzw. die Finanzierung bestimmter Aufgaben an Schulen anhand von Faktoren wie Bildungsstand, Beruf und Einkommen von Eltern bzw. Migrationshintergrund und anderer Erst-bzw. Umgangssprache als Deutsch erfolgt. Je nach Modell hat dies einen bestimmten Einfluss auf die Zahl der Lehrer an den Standorten bzw. die Ausstattung mit Unterstützungspersonal wie Sozialarbeiter oder Psychologen. Im Regelfall bedeutet dies, dass die vom BEV vertretenen AHS und BMHS weniger Mittel bekommen, da sie im Schnitt von Kindern aus höheren sozialen Schichten als etwa Neue Mittelschulen oder Berufsschulen besucht werden.

(APA)

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