Chancen für Schüler, Defizite aus der Mittelschule: Mit welchen Problemen die Lehrer im Oberstufengymnasium Hegelgasse 14 kämpfen.
Wien. Nachdem bekannt wurde, dass das Wiener Oberstufengymnasium Hegelgasse 14 außergewöhnlich schlechte Ergebnisse bei der Zentralmatura erreicht hatte, berichtete „Die Presse“ über die Schule und deren strukturelle Probleme. In einer Stellungnahme schildern nun die Lehrer ihre Sicht. Die Schule würden vor allem Schüler aus NMS besuchen, die dort eine Chance bekommen, schreiben sie. Das sei von Anfang an politisch erwünscht gewesen – unter anderem, da die Schüler „sonst als arbeitslose Jugendliche in den Statistiken aufscheinen würden“. Die Leistungslücken im Vergleich zur AHS-Langform könnten „nur unter erheblichen Anstrengungen geschlossen werden“. Doch warum kommen die Schüler auch mit schlechten Leistungen Jahr um Jahr weiter? Für die Jahresnoten seien unbedingt alle möglichen „alternativen Leistungen“, also Referate oder Projekte, heranzuziehen.
Es gebe auch Erfolgsgeschichten, auf die die Lehrer sehr stolz sind: Schüler, die „mit geringen Deutschkenntnissen und schweren Schicksalen in all diesen Jahren zu uns gekommen sind und teilweise sehr erfolgreich die Schule abgeschlossen haben“. Doch auch „eine große Zahl an RepetentInnen, die trotz Beratung über andere Möglichkeiten ihr Recht auf zweimaliges Wiederholen beanspruchen und dennoch keinen positiven Schulabschluss erzielen“.
Lehrer an Mittelschulen unter Druck
Das Problem sei auch durch die Mittelschulen bedingt. Die Lehrer dort seien großem Druck ausgesetzt, entsprechende (gute) Noten für die weiterführenden Schulen zu geben. Und realpolitisch gebe es in den Mittelschulen kaum ein Wiederholen einer Klasse. Die Schüler hätten dann „sowohl bezüglich ihrer Kenntnisse als auch ihrer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit“ Defizite. „Die Frage stellt sich immer wieder, wie weit sie überhaupt aufgeholt werden können.“
Das Fazit: „Wir wollen keinesfalls auf ein veraltetes System der strengen Selektion zurückgreifen, andererseits darf unserer Meinung nach aber auch nicht ein ,Freifahrtschein‘ bis zur Matura ausgestellt werden.“ Sie fordern ein Umdenken: jedes Kind als Menschen wahrzunehmen und dabei auch wertfrei zu akzeptieren, dass manche aus unterschiedlichsten Gründen die Matura nicht erreichen könnten. „,Recht auf Bildung‘ bedeutet nicht ,Recht auf Matura‘.“ (rovi)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2016)