Ein digitaler Spielplatz für Lehrer

Familienministerin Sophie Karmasin.
Familienministerin Sophie Karmasin.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Familienministerin Sophie Karmasin plant, 2017 ein digitales Lernlabor zu eröffnen. Dort sollen Lehrer den Umgang mit digitalen Unterrichtsmitteln lernen. Auf Ideensuche in Brüssel.

Brüssel. Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) wird vor Publikum der Puls gemessen – nicht aus medizinischen Gründen, sondern aus didaktischen. Denn die Ministerin darf hier, im Future Classroom Lab in Brüssel, einer Art digitalem Lernlabor, in die Zukunft der Schule abtauchen.
Der Raum ist voller Bildschirme, Tablets, Whiteboards und Beamer. Hier haben führende Technologieunternehmen nicht nur ihre Hard-, sondern auch ihre Software kostenlos zur Verfügung gestellt. 600 Lehrer kommen jährlich hierher, um den Umgang mit diesen Technologien und zugleich eine neue Art des Unterrichts zu erlernen.

„Wenn Lehrer hier reingehen, dann konzentrieren sie sich meistens zuerst auf die tolle Technik. Aber darum geht es in erster Linie ja gar nicht. Es geht uns nicht darum, das neueste Whiteboard oder Tablet zu präsentieren. Vielmehr ist es ein Spielplatz, ein Testplatz für Lehrer, an dem sie ihre Art zu lehren überdenken sollen“, sagt Elina Jokisalo von European Schoolnet, einer Vereinigung von 30 Bildungsministerien in Europa, die das Future Classroom Lab entwickelt hat. Mittlerweile haben viele europäische Länder mit der Einrichtung derartiger Lernlabore begonnen. In Portugal soll es statt der bisherigen zehn Labore schon bald 49 geben.

Keine Sesselreihen mehr

Auch Österreich will auf diesen Trend aufspringen. „Wir arbeiten schon seit Monaten daran“, sagt Familienministerin Karmasin im Gespräch mit der „Presse“. Ab Jänner 2017 soll es ein derartiges digitales Lernlabor auch in Österreich geben. Auf einen Standort hat man sich noch nicht festgelegt. Derzeit steht man auch mit den Informations- und Kommunikationstechnologieunternehmen, die die Hard- und Software zur Verfügung stellen sollten, noch in Verhandlung. Einzelne davon waren mit der Ministerin auf Erkundungstour in Brüssel.

Dort haben sie einen pädagogisch durchdachten Raum gesehen, der nur wenig mit einem gewöhnlichen Klassenzimmer zu tun hat. Fixe Sesselreihen oder grüne Schiefertafeln sucht man vergeblich. Stattdessen gibt es Sessel-Tisch-Kombinationen auf Rollen, kleine Tribünen und riesige Bildschirme. Der Raum wurde in sechs Lernzonen unterteilt: eine Zone zum Forschen, eine zum Kreieren, eine zum Austauschen, eine für Präsentationen, eine für Gruppenarbeiten und eine für Entwicklungen. „Diese Zonen sollten inspirierend sein, sie sollen den Lehrern bewusst machen, wie viele verschiedenen Lehrmethoden man zur Vermittlung des Stoffs verwenden kann. Die Technik kann dabei eben helfen“, sagt Jokisalo.

Die digitale Technik macht eine Umstellung des Unterrichts unumgänglich. Es heißt: weniger frontal und mehr erforschend. Da können Kinder die Temperatur einer Flamme mithilfe eines Sensors messen und die gesammelten Daten verarbeiten, Abstimmungen per Fernbedienungen abhalten oder das Kodieren in Form eines Computerspiels üben.

Im Future Classroom Lab wird Lehrern gezeigt, wie sie ihre Unterrichtsplanung dahingehend ändern können – bis hin zu durchgeplanten Beispielunterrichtsstunden. „Viele Lehrer glauben, sie brauchen dazu einen Klassenraum, der von Kopf bis Fuß mit modernster Technik ausgestattet ist. Dabei kann man vieles auch mit Smartphones machen. Es geht vielmehr um die geistige Haltung“, sagt Jokisalo.

Familienministerin Karmasin zählt auch dabei auf das Lernlabor. „Für viele Lehrer ist digitaler Unterricht derzeit noch sehr abstrakt. Je konkreter, je realer die Lehrer das sehen, desto interessanter wird diese Art des Unterrichts für sie“, sagt Karmasin. Eine wichtige Rolle würde dabei der Fort- und Ausbildung der Lehrer zukommen. Einen ersten positiven Trend sieht Karmasin, die als Familienministerin für die Schulbücher zuständig ist, bereits: Die Hälfte der Schulbücher an höheren Schulen wurde heuer neben der gedruckten Version auch als E-Book bestellt.

Auf einen Blick

In Brüssel besuchte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) ein Future Classroom Lab: Dort sollen Lehrer lernen, mit digitalen Mitteln ihren Unterricht zu gestalten. European Schoolnet, eine Vereinigung von 30 Bildungsministerien in Europa, hat diese Lernlabors entwickelt. 2017 möchte Karmasin ein solches Labor auch in Österreich eröffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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