Keine Ziffernnoten und weniger Sitzenbleiber

Mit dem neuen Schuljahr treten in Österreichs Schulen einige Änderungen in Kraft: In den Volksschulen wird es häufiger verbale Beurteilungen geben. Das Sitzenbleiben wird in den ersten drei Klassen abgeschafft. Für Jugendliche startet die Ausbildungspflicht bis zum Alter von 18 Jahren.

Dem heimischen Bildungssystem wird stets Reformresistenz vorgeworfen. Auf große Würfe heißt es zwar weiter warten (siehe Geschichte rechts oben), einige kleinere Änderungen wird es mit Beginn des neuen Schuljahrs aber geben – und diese werden Volksschüler wie Jugendliche gleichermaßen treffen.

Die neuen gesetzlichen Vorgaben bringen in den Volksschulen einige Lockerungen mit sich. So wird das Sitzenbleiben in den ersten drei Volksschulklassen abgeschafft. Es kann nur noch freiwillig wiederholt werden. Stattdessen können leistungsschwache Kinder schon während des Schuljahres in die niedrigere Schulstufe wechseln. Bisher war ein solcher Wechsel nur in den ersten beiden Schuljahren möglich. Was wie eine große Veränderung klingt, hat in der Praxis nur geringe Auswirkungen. Denn in den ersten drei Volksschulklassen gab es schon bisher nur wenige Repetenten. Im vergangenen Schuljahr etwa sind insgesamt 0,6 Prozent der Volksschüler sitzengeblieben.

In den ersten drei Volksschulklassen tritt noch eine Änderung in Kraft: Die Schulstandorte dürfen nun selbst entscheiden, ob sie Ziffernnoten oder verbale Leistungsbeurteilungen einsetzen. Bislang musste dafür ein eigenes Ansuchen gestellt werden. Nun können Eltern und Lehrer jeder einzelnen Klasse darüber abstimmen. In den vergangenen Jahren ist die Beliebtheit von verbalen Beurteilungen stetig gestiegen: 2000 der über 3000 Volksschulen haben schon bisher auf Noten verzichtet.

Eine Neuerung wird es auch beim Wechseln vom Kindergarten in die Volksschule geben: Bei der Schuleinschreibung müssen Eltern künftig nämlich die im Kindergarten erstellten Dokumentationen über den Entwicklungsstand und den Sprachstand ihres Kindes vorlegen. Dadurch soll ein sanfterer Übergang zwischen Kindergarten und Volksschule möglich sein.

Auch am anderen Ende der Schullaufbahn, und zwar beim Abschluss der Schulpflicht, tut sich etwas. An die neunjährige Schulpflicht wird fortan die Ausbildungspflicht anschließen. Diese sieht vor, dass Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs entweder eine Schule besuchen, eine Lehre absolvieren oder einer anderen Ausbildung nachgehen. Tun sie das nicht, gibt es in letzter Konsequenz Strafen für ihre Eltern. Den Erziehungsberechtigten drohen Geldstrafen von bis zu 500 Euro.


Pisa kommt wieder. Mit dem neuen Schuljahr kommt auch neuer Lerninhalt: Politische Bildung wird für Schüler der sechsten und achten Schulstufe Pflicht. Es wird aber kein eigenes Fach, sondern nur als Pflichtmodul innerhalb des Geschichtsunterrichts existieren.

Für Österreichs Schulen wird es heuer außerdem noch eine Art öffentliche Zeugnisverteilung geben: Denn am 6. Dezember werden die Ergebnisse des Pisa-Tests, bei dem Österreich bislang bestenfalls durchschnittlich abgeschnitten hat, präsentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2016)

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