Andrang auf Maturaschulen: Flucht vor der Zentralmatura

Nach AHS und BHS soll nun auch die Externistenmatura zentral werden.
Nach AHS und BHS soll nun auch die Externistenmatura zentral werden.(c) APA/ROBERT JAEGER
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Der Andrang an privaten Maturaschulen steigt. Sie bieten noch die alte Reifeprüfung. Aber nicht mehr lang. Laut Ministerium soll es schon im Frühjahr 2017 zur Umstellung kommen.

Wien. Vor der Zentralmatura gibt es kein Entkommen mehr: An den Gymnasien wurde sie im Mai 2015 flächendeckend eingeführt. An den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) folgte sie ein Jahr später. Ein kleines Schlupfloch ist trotz österreichweiter Einführung noch geblieben: die Externistenmatura.

Bei Maturaschulen wie Dr. Roland und Dr. Rampitsch kann man sich in Kursen auf die Matura vorbereiten. Die Matura selbst muss bei einer Externistenprüfungskommission an einer öffentlichen Schule abgelegt werden – und zwar nach dem alten System. Eine Umstellung hat es hier noch nicht gegeben. Das dürften einige Schüler nutzen und vor der Zentralmatura flüchten. „Der Andrang an unsere Maturaschule ist seither um mehr als 20 Prozent gestiegen“, sagt Matthias Roland, der Direktor der Maturaschule Dr. Roland.

Besonders viele Wechsel dürfte es kurz vor der Zentralmatura, also während der achten Klasse Gymnasium, geben. „Da spüren wir einen ganz intensiven Andrang“, so Roland. Während in den vergangenen fast 20 Jahren vor der Matura nur vier, fünf Schüler an seine Maturaschule gewechselt sind, sind es im vergangenen Schuljahr fast 50 gewesen. „Die Zahl ist schockierend“, sagt Roland. Er habe den Eindruck, dass sich die Schulen schlechter Schüler bewusst entledigen würden, „damit diese die Statistik bei der Zentralmatura nicht drücken.“

Dass die Externistenmatura als einzige noch nicht auf die zentrale Reifeprüfung umgestellt wurde, liegt laut Roland daran, dass die Externisten „damals einfach komplett vergessen wurden“. Schon 2008 habe man ihm gesagt, dass im Juni eine Verordnung komme, bis heute kenne er eine solche nicht. „Wir wären unglaublich dankbar, wenn es sie endlich geben würde und wir unser System auf die Zentralmatura umstellen könnten“.

Das Bildungsministerium scheint diesen Wunsch nun bald zu erfüllen. Vor rund vier Wochen sei eine entsprechende Verordnung an die Landesschulräte bzw. an den Wiener Stadtschulrat ergangen. Dort werden derzeit die nächsten Schritte bis zur Umsetzung vorbereitet.

„Der Zeitplan ist illusorisch“

Laut Ministerium soll die erste Zentralmatura für Externisten schon in diesem Schuljahr, also im Haupttermin 2017, stattfinden. Freiwillig und nicht verpflichtend. Dann gibt es Übergangsfristen. Innerhalb dieser können sich Externisten zwischen der alten und neuen Matura entscheiden. Für jene mit AHS-Lehrplan endet die Frist nach dem Haupttermin 2018. Für jene mit BHS-Lehrplan nach dem Haupttermin 2019. An den Zeitplan des Ministeriums glaubt Direktor Roland nicht: „Das ist vollkommen unmöglich und illusorisch.“ Der zeitliche Fahrplan gehe an der Realität vorbei. Die Externistenschüler hätten derzeit noch Bescheide, in denen ihnen eine Matura nach altem System versprochen wird, sagt Roland. Diese müssten von den Landes- bzw. Stadtschulräten allesamt umgestellt werden. Das dauere seine Zeit. Allein wienweit gibt es jährlich Hunderte Schüler, die die Externistenmatura ablegen. Außerdem hätten sich die Schüler bisher auf die alte Matura vorbereitet und deshalb etwa keine Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA), die Teil der neuen Matura ist, vorbereitet.

Angst um Berufsreifeprüfung

2017 wird übrigens auch die Berufsreifeprüfung auf das Zentralmaturasystem umgestellt. Eine ausgewählte zentrale Prüfung muss dabei in der Schule stattfinden. Und zwar zeitgleich mit der Zentralmatura. Das sieht Roland als Problem: „Das ist allein aus Platzgründen absolut undurchführbar.“ Öffentliche Schulen hätten weder genügend Sitzplätze noch Lehrer, die sich um die Aufsicht kümmern könnten.

AUF EINEN BLICK

Die Externistenmatura ist eine Form des zweiten Bildungswegs und führt zur Hochschulreife. Schüler, die keine Mittelschule, aber etwa eine private Maturaschule besucht haben, können die Externistenmatura ablegen. Sie werden von einer Externistenprüfungskommission an einer öffentlichen Schule geprüft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2016)

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